Artern

Zur freundlichen Beachtung (neue Publikationen, Spendenaktionen, Archivwesen) & Aktuelle Meldungen zur heimatkundlichen Arbeit (einmal wöchentlich)

Notgeld 1921 mit Goethehaus

Dienstag, 14. Mai 2024

Das seit mittlerweile fünf Jahren laufende Projekt zur Erstellung einer großen Sippentafel, über die bereits ab und zu hier berichtet worden ist, hat ein neues Etappenziel insofern erreicht, als kürzlich die 9.000ste historische Person ins Familienstammbaumprogramm aufgenommen werden konnte! Fast schon bezeichnend ist, das diese den Namen Göthe trug und somit in der hiesigen regionalen Ahnenschaft des Dichters zu verorten ist. - Apropos Goethe: In der vergangenen Zeit wurden im Kontext mit besagter Sippentafel ohnehin besonderer Augenmerk auf die Goethe-Ahnenforschung im nördlichen Thüringen bzw. am Südharz gelegt und entsprechende Informationen ermittelt. Besonders auffallend dabei war, dass Daten in ausgewählten, seitens der Forschung anerkannten Stammbäumen des Dichters bzw. relevanten genealogischen Abhandlungen (also auch Standardwerke) mitunter gar nicht oder nur bedingt mit den zugehörigen Eintragungen in Kirchenbüchern korrelieren. Darüber hinaus tauchen in diesen Stammbäumen und Untersuchungen Ahnen gar nicht erst auf, wenngleich diese auch früher bereits hätten beleghaft ermitteln werden können, nunmehr aber vorliegen. Andererseits werden Ahnen benannt, deren Existenz durch Eintragungen in Kirchenbücher nicht beweisbar sind. - Diese Feststellungen unterstreichen erneut die Notwendigkeit der Nutzung von originalen Quellen sowie die stets kritische Herangehensweise bei der Übernahme und Verwertung von Daten aus Sekundärquellen. Ergo: Einmal gemachte Fehler bzw. Versäumnisse pflanzten und pflanzen sich seither mit schöner Regelmäßigkeit fort und verzerren somit das Gesamtbild im Detail. Mittelfristig muss daher zunächst eine Gegenüberstellung und der Abgleich von Altdaten der Goethe-Ahnen mit den aktuellen Ergänzungen als Basis künftiger Vervollständigungen erfolgen! - Unser Bild zeigt das Arterner Goethehaus als Fachwerkgebäude, wie es auf einem Notgeldschein von 1921 dargestellt wurde.


Ausgrabungen bei Memleben

Dienstag, 7. Mai 2024

Die mittelalterliche Landschaft zwischen Kyffhäuser, Südharz, Helme- und Unstrut-Tal war geprägt von königlichen Pfalzen: Nordhausen, Tilleda, Wallhausen, Allstedt, Helfta und Memleben – teils entdeckt und ausgegraben, teils bislang nur aus urkundlichen Erwähnung bekannt. Einen besonders wichtigen Fund in diesem Kontext, ein neu entdeckter befestigter Siedlungsplatz mit steinerner Kirche, vermeldete in der vergangen Woche das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt: Seit einigen Jahren steht die Kulturlandschaft rund um das ehemalige Kloster Memleben im Zentrum eines wichtigen Forschungsprojektes des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt. Den Erfolg der systematischen und flächendeckenden landschaftsarchäologischen Untersuchung des räumlichen Umfeldes der einstigen Königspfalz verdeutlichen die Ergebnisse der aktuellen archäologischen Ausgrabung: Nördlich der Unstrut konnten eine bislang unbekannte befestigte Siedlung identifiziert und die Überreste zweier beeindruckender Steinbauten – einer mehrphasigen Kirche sowie eines Wohnbaus – untersucht werden. - Bereits seit 2017 finden auf dem Gelände des ehemaligen Klosters in Memleben regelmäßig archäologische Lehr- und Forschungsgrabungen statt. Darüber hinaus steht seit einigen Jahren auch dessen räumliches Umfeld im Zentrum eines großangelegten Forschungsprojektes des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. In seinem Rahmen wurden frühmittelalterliche Burgen und Siedlungen bei Wangen und Wendelstein untersucht sowie systematische Geländebegehungen und geophysikalische Untersuchungen durchgeführt. Mit dieser intensiven landschaftsarchäologischen Betrachtung realisiert das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt ein europaweit einmaliges Forschungsvorhaben zum Verständnis eines ottonischen Zentralortes aus der Epoche des mittelalterlichen Reisekönigtums. Das Projekt verfolgt das Ziel, nicht nur die Pfalz selbst zu identifizieren und zu erforschen, sondern auch einen tieferen Einblick in die komplexe Infrastruktur eines derartigen Herrschaftszentrums zu erhalten, zu dem nicht nur die aus Palatium, Versammlungshalle und Pfalzkirche bestehende Pfalz selbst gehörte, sondern auch befestigte Plätze beziehungsweise Burgen, gegebenenfalls Marktorte sowie Dienst- und Versorgungssiedlungen. Nicht zuletzt erforderte eine Pfalz auch ein großes agrarisches Hinterland als Basis für den Unterhalt des reisenden Herrschers, seines vielköpfigen Gefolges und seiner Gäste. - Bei den Geländesurveys der letzten Jahre gelang gut 1,2 Kilometer nördlich des heutigen Ortes Memleben jenseits der Unstrut die Entdeckung einer befestigten Siedlung, die im Rahmen einer archäologischen Ausgrabung unter der Leitung von Prof. Dr. Felix Biermann vom 2. April bis zum 2. Mai 2024 nun näher untersucht wurde. Geophysikalische Prospektionen und die Ausgrabung ermöglichen bemerkenswerte Einblicke in diese bislang vollkommen unbekannte Fundstätte, von der im Ackerland oberirdisch nichts mehr erkennbar ist. - Ein gut 240 mal 170 Meter großes, rechteckiges Wall-Grabenwerk umgab ein dicht besiedeltes Areal. Tore im Norden und Westen waren wahrscheinlich mit Steinbauten bewehrt. Die aktuellen archäologischen Ausgrabungen konzentrieren sich auf einen Bereich im Westen der Wehranlage, in dem sich die eindrucksvollen Relikte zweier stattlicher Steinbauten erhalten haben. - Im Mittelalter erhob sich hier eine 16 Meter lange, einschiffige Kirche mit einer halbrunden Apsis im Osten und einem unterkellerten Anbau im Westen, der einen Treppenzugang besaß. Die Kirche ersetzte einen älteren, kleineren Sakralbau von lediglich gut 8 Metern Länge. Dazu gehörte ein dicht belegter Friedhof, dessen Gräber vielfach die für das 10. bis 12. Jahrhundert charakteristischen Kopfnischen sowie steingesetzte Sarkophage zeigen. Im rechten Winkel zur Kirche wurde ein großer steinerner Wohnbau von mindestens 17 mal 6,5 Meter Fläche angetroffen. Er wies sehr starke Mauern auf und erfuhr im Laufe seiner Nutzungsgeschichte mehrfache Um- und Anbauten. In seinen Ruinen wirkten im späten Mittelalter Metallhandwerker, die etliche Öfen hinterließen. Die Besiedlung im Umfeld der Steinbauten wird durch ein Grubenhaus und diverse Wirtschaftsgruben belegt. - Das reichhaltige Fundmaterial verweist die Besiedlung in das 9./10. bis 14. Jahrhundert. Hervorzuheben sind neben slawischer wellenverzierter Keramik und einer Kreuzemail-Scheibenfibel der Ottonenzeit auch die für das hohe und späte Mittelalter typischen Kugeltöpfe, ferner bronzene Messerscheidenbeschläge, Projektile von Armbrustbolzen, mittelalterliche Silbermünzen, ein gotischer Schlüssel sowie ein spätmittelalterliches Pilgerzeichen mit der Darstellung eines gekrönten Herrschers. - Die aktuellen Forschungen erbrachten eine bedeutende Siedlung mit einer eindrucksvollen Befestigung, dichter Wohnbebauung, Hinweisen auf die Ausübung von Handwerk und zwei bemerkenswerten Steinbauten. Bereits die bisherigen Ergebnisse fügen dem Gesamtbild der Mikroregion um Memleben wichtige Einblicke hinzu, auch wenn verschiedene Fragen derzeit noch nicht abschließend geklärt werden können und der nachfolgenden Auswertung sowie weiteren Feldforschungen vorbehalten bleiben. Von besonderer Bedeutung ist dabei insbesondere die naturwissenschaftliche Datierung des entnommenen Probenmaterials, von der eine präzise chronologische Einordnung der steinernen Bauwerke und damit eine genauere siedlungs- und kulturgeschichtliche Kontextualisierung zu erwarten ist. Von großer Wichtigkeit ist die Klärung der Beziehung des Fundplatzes zu dem im letzten Jahr im Bereich des Klosters archäologisch erfassten ottonischen Vorgängerbau der Monumentalkirche Ottos II. Dasselbe gilt für eine mögliche Identifizierung der Siedlung mit einem der schriftlich überlieferten, im späten Mittelalter aufgegebenen Orte (Wenigen-) Memleben und Odesfurt (Ottofurt). Beide werden bereits im Hersfelder Zehntverzeichnis des 9. Jahrhunderts erwähnt. Die nördlich der Unstrut gelegene, im späten Mittelalter mit dem Zusatz ›Klein-‹ oder ›Wenigen-‹ bezeichnete Siedlung Memleben (Gut oder Erbe einer Person namens Mimo) wird immer wieder als Keimzelle des frühmittelalterlichen Siedlungszentrums interpretiert und zieht auch als möglicher Standort der ottonischen Pfalz das Forschungsinteresse auf sich. In Odesfurt wird 1179 eine Andreaskirche genannt. In beiden Orten bestanden später Gutshöfe (Grangien) der Klöster Memleben und Pforta (Schulpforte). Die aktuellen Untersuchungsergebnisse verdeutlichen die Bedeutung des neuen Fundplatzes und fügen dem Wissen um die Kultur- und Herrschaftslandschaft um Memleben wichtige Erkenntnisse hinzu. - Unser Bild zeigt den Fundplatz nödrlich von Memleben mit Blick auf den Kirchengrundriss von Osten (Foto: Landesamt für Denkmalplege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Robert Prust).


Alt-Thüringen 48

Dienstag, 30. April 2024

Wie seitens des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie gemeldet wird, ist die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Alt-Thüringen“ als Doppelband 2022/2023 veröffentlicht worden (unser Bild). In dieser Reihe werden seit 1953 die im thüringischen Raum erschlossenen archäologischen Funde bzw. die darauf beruhenden Forschungsergebnisse publiziert. Band 48 von „Alt-Thüringen“ ist jetzt im Buchhandel (ISBN 978-3-95741-203-4, 59,00 Euro) und über den Kommissionsverlag Beier & Beran erhältlich. Das Buch (21x29 cm, Festeinband) umfasst 461 Seiten mit 17 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Karten, Abbildungen und Tafeln in Schwarzweiß und Farbe. - Nachstehende Themen zur Ur- und Frühgeschichte Thüringens werden behandelt: Erik Zamzow, Marina Eguiluz, Sandra Schneider, Mario Küßner, Roberto Risch: Das frühneolithische Mahlsteindepot aus Sömmerda in Thüringen / Hannes Buchmann: Die kaiserzeitlichen Siedlungen Radegundenstraße, Pilse 12/13 und Weiße Gasse in Erfurt – ein Beitrag zur kaiserzeitlichen Besiedlung im Erfurter Raum / Jan Nováček: Eine kleine Germanin aus der römischen Kaiserzeit unter den mittelalterlichen Fundamenten – Anthropologische Untersuchung eines Säuglingsskeletts aus Erfurt, Weiße Gasse / Ralf-Jürgen Prilloff: Archäozoologische Analysen der Tierreste aus einem Grubenhaus der römischen Kaiserzeit aus Erfurt, Radegundenstraße / Ralf-Jürgen Prilloff: Nahrungs- und Handwerksabfälle aus einer Hausgrube der römischen Kaiserzeit von Erfurt, Weiße Gasse / Robert Knechtel, Christian Tannhäuser: Kaiserzeitliche und frühmittelalterliche Besiedlungsspuren an einer Unstrutschleife bei Ammern, Unstrut-Hainich-Kreis / David Burisch: Der römische Denarhort von Ammern, Unstrut-Hainich-Kreis - Analyse, Vergleichsfunde und Kontext / Oliver Mecking: Die Materialzusammensetzung der Denare aus dem Hortfund von Ammern, Unstrut-Hainich-Kreis / Ines Spazier: Eine frühslawische Siedlung mit zwei Einzelbestattungen bei Schöps im mittleren Saaletal / Andreas Hummel: Zwei slawische Hausbefunde in Altkirchen, Lkr. Altenburger Land / Dirk Fuhrmann, Roland Altwein: Die Siedlung Unterröppisch, Stadt Gera, vom 10. bis zum 13. Jahrhundert – Ralf Kluttig-Altmann: Massives Interesse - Zieglerware aus Nordhausen und Erfurt / Patrick Tarner: Ein spätmittelalterlicher Dolchknauf mit Tierköpfen aus Hinternah, Lkr. Hildburghausen / Lars Blumberg: Ein spätmittelalterlicher Münzfund bei Vollradisroda – der „Uhrdaer Lindenschatz“ / Nachruf Bodo Schmidt (1956-2021) / Nachruf Dr. Günter Keil (1933-2022) –/ Nachruf Ulrich Lappe (1938-2023). - Für an der thüringischen Landesarchäologie Interessierte hier noch der Hinweis, dass die Zeitschrift „Alt-Thüringen“ seit 1953 zu großen Teilen in digitalisierter und frei abrufbarer Form vorliegt. Dieser Service beruht auf einem Gemeinschaftsprojekt der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena und dem Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar. Der Online-Zugriff erfolgt über die Universal Multimedia Electronic Library (UrMEL) als Zugangsplattform für multimediale Angebote der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek und weiterer Partner.


Warte bei Schönfeld

Dienstag, 23. April 2024

Seit einem Jahrzehnt werden Äcker um die Stadt Artern intensiv archäologisch erforscht, besonders im Vorfeld der Erschließung von Gewebegebieten und des Straßenbaus. Dabei wurden sehr wichtige und teils einmalige Funde gemacht, u. a. mehr als 5000 Jahre alter Feuersteinbergbau in Richtung der Helme, bronzezeitliche Siedlungen und ausgedehnte rätselhafte Grubenreihen, sog. pit alignments, auch aus der Bronzezeit. Publiziert wurden diese Grabungsergebnisse bislang leider noch nicht, dafür weiterhin gegraben, so auch bei Schönfeld. Die Ausdehnung der dortigen, archäologisch zu erforschenden Areale auf einer künftigen Industriegroßfläche nordwestlich des Arterner Ortsteils hat mittlerweile nicht nur für Schönfelder Verhältnisse immense Ausmaße erreicht. - Das wurde bereits zum Tag des offenen Denkmals im vergangenen Spätsommer offenbar, als unter brütender Hitze Funde bzw. Befunde aus verschiedenen prähistorischen Zeiten bis zum Mittelalter in öffentlichen Führungen präsentiert worden sind. Im Nachgang einer dieser Führungen wurden seitens des Heimatvereins ARATORA an Dr. Robert Knechtel, dem zuständigen Gebietsreferenten des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA), diverse historische Dokumente und Quellen zur mittelalterlichen Landwehr bzw. dem zugehörigen Wachturm bei Schönfeld übermittelt. Diese Unterlagen sowie weitere von letzter Woche wurden dankend entgegengenommen und haben offenbar nun insofern gefruchtet, weil jüngst endlich der Standort dieses ehemaligen Turms (unser Bild) lokalisiert und Reste davon ausgegraben werden konnten. (Dessen aufsteigendes Mauerwerk hatten die biederen Schönfelder beim Bau der Friedhofsmauer 1679 bzw. beim Neubau ihrer Kirche bis 1748 „recycelt“.) - Als Dank für die Unterstützung bei der Bereitstellung von offensichtlich für die archäologische Forschung nützlich gewesenen Archivalien und historischen Aufzeichnungen zum Turm und der Landwehr bei Schönfeld lud gestern Grabungsleiter Alexander Arndt zu einer „Privatführung“ ein und erläuterte die jüngsten Erfolge des TLDA für die lokale und regionale Mittelalterforschung und darüber hinaus. - Dass die Reste des Turms nördlich von Schönfeld noch unter der Erde sein mussten, war abzusehen, doch dessen Standort war längst der Vergessenheit anheimgefallen - jetzt wurde er endlich entdeckt und kann nun punktgenau in das System alter Landwehren in der Goldenen Aue eingeordnet werden. „Einen Wartturm zu finden, ist eine Seltenheit und dem Umstand geschuldet, dass an dieser Stelle kein Tiefpflug eingesetzt wurde“, so Alexander Arndt, der sichtlich stolz auf diese auch für ihn erste Entdeckung dieser Art ist. Ein großer halbkreisförmiger Bau östlich der Warte konnte hingegen noch nicht gedeutet bzw. in Kontext gebracht werden; im Gegensatz zu Kellern, die - u. U. überbaut - der Besatzung des Wachturm als Nutzbauten dienten. Diverse Gruben, die als Erdverfärbungen erkennbar sind, konnten gleichfalls nicht völlig zugeordnet werden. – Noch dauern die Grabungen volle zwei Monate an, dann auch in Richtung des Sumpfes, wo bereits Altfunde bekannt sind. Die gleichfalls aus der Literatur bekannten, längst eingeebneten Hügelgräber nördlich von Schönfeld konnten leider noch nicht archäologisch nachgewiesen werden. Vielleicht klappt es ja bis Ende Juni – zu wünschen wären es!


Aus der Heimath

Dienstag, 16. April 2024

Eine „Dienstreise“ nach Oberheldrungen Ende vergangenen Monats wurde für zwei Vorstandstandmitglieder zu einem unerwartet erfreulichen Termin, hieß es doch zunächst nur vage, den Teilnachlass eines längst verstorbenen Heimatforschers in Augenschein zu nehmen. Die dort vorgefundenen, größtenteils gedruckten Unterlagen konnten schnell in bereits vorhandene (alte ARATORA-Zeitschriften seit 1911) sowie in solche, die bislang unbekannt waren, separiert werden. Bei letzteren Dokumenten handelt es sich um vier Jahrgänge der Reihe „Aus der Heimath“, dem „Sonntagblatt des Nordhäuser Couriers“ (unser Bild), die Jahre 1887 und 1888 (komplett) sowie 1889 und 1890 (fragmentarisch) betreffend. Dort hatte die Elite der damaligen Heimatforscher ihre historischen Aufsätze veröffentlicht, besonders den gesamten Südharz, die Reichsstadt Nordhausen, die Grafschaft Hohnstein, das Eichsfeld, die Kyffhäuser-Landschaft, die Goldene Aue, Hainleite, Finne, Hohe Schrecke und den Dün betreffend. Themen dieser oftmals hervorragenden Texte sind u. a. Archäologie, Dorf- und Stadtgeschichte, Burgen- und Kirchengeschichte, Volkskunde, Sagen, Personen- und Familienkunde, Sitten und Bräuche, heimische Mythologie, Aberglauben, auch Denkmalschutz und Kulturgeschichte Thüringens - durchweg versehen mit einer inhaltlichen Datenfülle, die über die tiefgehenden Recherchen und das umfangreiche Wissen der Verfasser staunen lässt. Viele der Artikel sind als Fortsetzungsreihe publiziert. „Aus der Heimath“ erschien übrigens über elf Jahre hinweg, jeweils wöchentlich vom 18. Oktober 1885 bis Ende 1896. - So waren die vergangenen Tage damit gefüllt, besagte Jahrgänge zu fotografieren und digital zu bearbeiten - insgesamt 621 Bilddateien (3 Gigabyte); Rückenschmerzen inklusive. In der nächsten Zeit werden bei der intensiveren Sichtung die thematischen und inhaltlichen Komponenten der Artikel im Fokus stehen und wenigstens die interessantesten Artikel separiert. Zu gegebener Zeit wird dann an dieser Stelle eine Auflistung wenigstens der wichtigsten Aufsätze, die unsere nähere Heimat betreffen, vorgestellt.


Luftbild um 1930

Dienstag, 9. April 2024

Eine Augenweide sondergleichen sind eine Handvoll Fotos aus den 1920/30er Jahren, die Stadt Artern als Motiv von Luftaufnahmen aus verschiedenen Flughöhen zeigend (unser Bild). Diese knapp hundert Jahre alten Aufnahmen liegen dem Heimatverein ARATORA jetzt vor, nachdem im Vormonat ein relevanter Hinweis vom befreundeten Heimat- und Geschichtsverein Goldene Aue gegeben worden ist. Ein Mitglied hatte diese Fotos in einem westdeutschen Archiv gefunden und seine Entdeckung nach Artern weitergeleitet. Von dort aus erfolgte der Auftrag zur Digitalisierung in hochauflösender Form, deren Ergebnisse nun in beeindruckender Weise vorliegen. Die bislang völlig unbekannt gewesenen Schrägluftbilder zeigen folgende Motive in hervorragender Detailauflösung: 1. Gesamtsicht der Stadt von Süden, 2. Alt- und Neustadt sowie 3. die Neustadt separat mit Neubauten am Westhang des Weinberges. Von besonderem Interesse sind weiterhin die damals noch in baulicher Gänze vorhanden gewesenen, großen Gutshöfe, so der Obere und Untere Hof, das Böselsche Freigut, die Domäne noch als kompletter Vierseitenhof und das Schallsche Gut. Als weitere historische Luftbilder kommenden noch deren zwei von der Zuckerfabrik Artern hinzu, aufgenommen von Ost mit Unstrut, Saline und Salinepark sowie noch einmal mit Verlauf der Unstrut und Äckern im Hintergrund. - Sobald die Genehmigung zur Veröffentlichung vorliegt, werden diese Bilder in Vorträgen gezeigt bzw. im nächsten Bildband publiziert. - Zudem konnte auch ein Luftbild des heutigen Ortsteils Voigtstedt aus dem gleichem Zeitraum erlangt werden. Besonderes Interesse erweckt auf diesem Foto die Ansicht des ehemaligen Wasserschlosses bzw. Schlossgutes nördlich der Kirche. In absehbarer Zukunft könnten die erwähnten Bilder sogar wichtige Ergänzungen erhalten, da sich noch Dutzende anderer historischer Luftaufnahmen im Angebot des besagten Archivs befinden, u. a. Frankenhausen, Kyffhäuser, Oldisleben, Roßleben, Wendelsein, Allstedt, Roßla, Sangerhausen u. a.


Flurnamen

Dienstag, 2. April 2024

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena berichtet über die Würdigung der thüringischen Flurnamenforschung und veröffentlichte vorige Woche nachstehende Pressemitteilung: Die „Flurnamenforschung in Thüringen“ wurde jetzt in das Landesverzeichnis Immaterielles Kulturerbe in Thüringen aufgenommen. Dort steht es nun als gutes Praxisbeispiel neben der Kindergartenidee nach Friedrich Fröbel, Brehms Tierwelt oder der Thüringer Bratwurstkultur. PD Dr. Barbara Aehnlich von der Friedrich-Schiller-Universität Jena freut sich über diese Ehrung, weil sie die Flurnamenforschung ins Licht der Öffentlichkeit rückt. „Die Aufnahme in das Landesverzeichnis verdeutlicht den Wert der Flurnamenforschung und würdigt insbesondere die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer“, so Barbara Aehnlich, die gemeinsam mit David Brosius das Flurnamenverzeichnis in Thüringen betreut. Beheimatet ist dieses Archiv an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, es enthält aktuell etwa 150.000 Einträge. Den Antrag auf Aufnahme ins Landesverzeichnis hat Dr. Aehnlich gemeinsam mit dem „Heimatbund Thüringen e. V.“ im vorigen Jahr gestellt. - Wie Barbara Aehnlich erläutert, sind Flurnamen die Bezeichnungen von unbewohnten Örtlichkeiten und Gegebenheiten im Gelände, die den Menschen zur Orientierung in der Landschaft dienen. Beispiele seien etwa Aue, Hain, Sommerleite oder Am Hange. Eingeschlossen seien zudem die Bezeichnungen von Wasserläufen, Bergen und Tälern ebenso wie Namen von Wäldern oder Feldern. „Zugleich sind Flurnamen wertvolle Quellen des Lebens unserer Vorfahren“, sagt Barbara Aehnlich. So lassen sich anhand der Flurnamen einstige Wirtschaftsunternehmen ebenso lokalisieren wie etwa der Umgang mit Migranten. Zugleich sind die Namen Zeugnisse der Sprachentwicklung, denn ursprünglich wurden sie nur mündlich überliefert. - An der Universität Jena werden Flurnamen seit rund 100 Jahren gesammelt und archiviert. Bislang wurden etwa 150.000 Namen gesammelt, wobei die Hauptarbeit jene Interessierten leisten, die in ihren Dörfern oder Städten auf Spurensuche gehen. Seit 2019 wird das Flurnamenarchiv in Kooperation mit der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena digitalisiert. Bislang konnten etwa 80.000 Einträge digital erfasst werden. Wie Barbara Aehnlich sagt, wurde gerade der Förderantrag zur Finanzierung bis Ende 2025 von der Thüringer Staatskanzlei bewilligt. Die Sammlung und Erfassung der Thüringer Flurnamen kann also weitergehen. - Zur Komplettierung des thüringischen Flurnamenarchivs wurden über Ostern Texte, Flurnamenkarte und -liste der Gemeinde Reinsdorf bei Artern, erarbeitet und 2009 veröffentlicht von unserem verstorbenen Vereinsmitglied Prof. Dr. Dr. Friedrich Schneppe, nach Jena weitergeleitet. - Unser Bild zeigt eine historische Karte mit Flurnamen um die Stadt Artern.


Bretleben 1779

Dienstag, 26. März 2024

Zum Schluss war die Luft im proppenvollen Saal des Jugendklubs Bretleben wie zum Zerschneiden, hervorgerufen von über 80 Besuchern, u. a. aus Heldrungen, Oldisleben, Oberheldrungen, Hauteroda, Braunsroda, Reinsdorf und Artern, die am vergangenen Sonnabend den historischen Ausführungen von Ines Telle zur Vergangenheit des Dorfes lauschten. - Beginnend mit einem Überblick zu ur- und frühgeschichtlichen Funden in der Gemarkung Bretleben sowie den Nachbarfluren wurde auf fünf Themen aus der Geschichte von Bretleben näher eingegangen, beginnend mit der kriegsbedingten Anwesenheit von König Karl dem XII. von Schweden in bzw. bei Bretleben im Jahre 1707. Danach besprach Ines Telle die verschwundene Cyracus-Kapelle und machte Ausführungen zu deren Bedeutung und Geschichte. Im dritten Themenblock wurde die Geschichte der Familie von Trebra ins Visier genommen, die bis 1932 in Bretleben zu finden war. Als herausragende Person stand Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra im Fokus, der u. a. mit Goethe korrespondierte und in Bretleben als Förderer der Schafzucht und des Hanfanbaues wirkte sowie im Ort eine Windmaschine für eine Brennerei errichten ließ. Die nur wenig bekannte Vergangenheit der 1231 gegründeten Kommende Braunsroda des Lazarus-Ordens und deren Beziehungen zu Bretleben wurde im Anschluss behandelt, soweit dies die Quellenlage zuließ. Zum Abschluss konnten Persönlichkeiten vorgestellt werden, die in Bretleben geboren wurden bzw. deren Wirken eng mit dem Ort in Verbindung stehen, so der Musiker Christoph Kirchner, der Kantor Clemens Christoph Janeck und dessen Söhne, der Stadtmusikus zu Weißenfels Johann Christian Sachse oder der Organist Johann Jacob Carl, ein Bach-Schüler. Die fast unvermeidlichen familiären Relationen zu Goethe konnten auch für Bretleben nachgewiesen werden, wo im 18./19. Jahrhundert entsprechende Namensträger zu finden sind. - Ines Telle präsentierte in ihren Ausführungen ganz bewusst lediglich historische Versatzstücke, wohl wissend, dass an jedem ihrer Themen noch viel Detailarbeit ansteht, um die Gesamtbilder schlüssig zu machen und abzurunden. Doch zunächst galt es ja, Interesse vor Ort zu wecken und mit den Einwohnern in Bretleben in Austausch zu kommen. In der Hoffnung auf künftige Unterstützung und aktive Mitarbeit wurde zum Abschluss der gelungenen Veranstaltung noch an einen großem historischen Schatz erinnert: die alten Grabsteine um die 1897 vollendete Kirche St. Johannes, an deren Erhalt die Referentin mahnte. Auch künftig wird sich Ines Telle in die geschichtliche Forschung unserer Region einbringen, aus der sicherlich der eine oder andere Vortrag hervorgeht. Schon jetzt ist sie aufgrund des bislang gezeigten Engagements eine Bereicherung in der regionalen Heimatforschung. - Unser Bild zeigt die Ortslage von Bretleben als Ausschnitt einer Landkarte von 1779.


CG1-2024

Dienstag, 19. März 2024

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Computer-Genealogie“ liegt vor (unser Bild) und widmet sich einem sicherlich auch in der Familienforschung künftig nicht mehr wegzudenkenden Thema: Künstliche Intelligenz. Und gleich im Leitartikel wird die Frage gestellt, wie KI die Genealogie verändern könnten, so beim Suchen und Sammeln von Daten, beim Zuordnungen und Auswerten bzw. in der Präsentation und Archivierung. Besonders die Transkription schriftlicher Dokumente könnte im Rahmen der Quellenauswertung ein weites Arbeitsfeld für KI werden. Eine kurze Geschichte der Künstlichen Intelligenz schließt sich folgend als Bericht an. Ein „Interview“ mit ChatGPT soll danach die Fähigkeiten dieses KI-Sprachmodells nahebringen – mit unerwartetem Ergebnissen. Auch bei der Erfassung historischer und rezenter Grabsteininschriften dürfte KI Einsatz finden, so wie beim laufenden Projekt BillionGraves. Folgend wird die KI Tanskribus vorgestellt, mittels der online historische Hand- und Druckschriften übersetzt werden sollen. (Tests mit besonders individuellen Schriftproben vom Arterner Pfarrer Ferdinand August de Braune aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbrachten allerdings nur sehr mäßige Ergebnisse hinsichtlich der Qualität der Transkription.) Dass es neben ChatGPT noch weitere brauchbare KI gibt, wird im nächsten Artikel erklärt. Für Freunde der DNA-Genealogie wird dann der DNA-Painter vorgestellt, ehe die 120jährige Zentralstelle für Genealogie in Leipzig porträtiert wird. Nach Kurzartikeln und aktuellen Meldungen kommen unter der Rubrik „Familienerbstück“ diverse historische Schmucklöffel zur Ansicht. In der Retrospektive wird abschließend der Einführung des Personenstandsgesetzes in Preußen 1874 gedacht. - Die nächste Ausgabe der Zeitschrift „Computer-Genealogie“, die Mitte Juni 2024 erscheint, widmet sich dann den Wohnstätten der Ahnen.


Postkarten Engelhardt

Dienstag, 12. März 2024

Die gerade einmal vor drei Wochen an dieser Stelle mitgeteilte, neueste Schenkung via „Wundertüte“ im Briefkasten fand am vergangenen Wochenende in erfreulicher Weise eine Fortsetzung. Unangekündigt und somit völlig unerwartet kam ein dicker A4-Brief aus dem niedersächsischen Landkreis Hameln-Pyrmont. Der Inhalt: um die fünfzig postalische Belege mit Schriftwechsel des Ehepaars Ewald und Margarethe Engelhardt aus der Spanne von vor dem Ersten Weltkrieg bis in die frühe DDR-Zeit, alle in Form von Postkarten (unser Bild). - Diese müssen nun zeitlich geordnet, gelesen und übersetzt werden, was bei Ewald Engelhardts schwungvoller Handschrift stets eine Herausforderung ist. Ergänzt wird die Sammlung von Reklamepostkarten, mit denen Ewald Engelhardt für sich als Heimatmaler Werbung machte. Als weiteres Kleinod hat sich eine Verpackungstüte von „C. A. Engelhardt, Inh.: Franz Engelhardt, Artern gegründet 1825“ erhalten. Nachdenklich stimmt ein an „Soldat Ulrich Engelhardt“ adressierter Brief, der am 11. Januar 1940 von Artern abgeschickt wurde. Anderthalb Jahre später fand der einzige Sohn von Ewald und Margarethe Engelhardt den Tod nordöstlich von Smolensk. - Neben den historischen Nachrichten, die den Texten auf den Karten noch entnommen werden müssen, ist jedoch besonders maßgeblich und wichtig, dass die angesprochene Sammlung nicht einfach entsorgt worden ist, sondern sogar unter „Opferung“ von Porto dorthin gesandt wurden, wo sie hingehört. Der Heimatverein ARATORA hofft auf den Nachahmung, um weitere historische Dokumente vor der Entsorgung zu retten.


Magie - Das Schicksal zwingen

Dienstag, 5. März 2024

Der Allgegenwart magischen Denkens in der Kulturgeschichte bis in die heutige Zeit trägt die neue Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) „Magie - Das Schicksal zwingen“ (unser Bild, © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Juraj Lipták, Klaus Pockrandt) vom 1. März bis 13. Oktober 2024 Rechnung. Mit Hilfe von etwa 200 Exponaten und Exponatgruppen auf etwa 450 Quadratmetern Ausstellungsfläche beleuchtet die Schau das ebenso faszinierende wie vielschichtige Thema durch alle Zeiten der Menschheitsgeschichte. 44 Institutionen aus sieben Ländern (Dänemark, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Deutschland) unterstützen das Gelingen der Ausstellung als Leihgeber. - Archäologische Funde und Schriftzeugnisse, aber auch kunsthistorische und volkskundliche Objekte bieten eine umfangreiche Übersicht zu maßgeblichen Aspekten magischen Denkens in Vorgeschichte, Antike und Mittelalter bis in die Gegenwart. - Nach einer Einführung, die die frühesten konkreten Belege für den Glauben an Magie, aber auch die ältesten Hinweise auf mögliche Versuche der Kontaktaufnahme mit übernatürlichen Mächten aufzeigt, macht die Ausstellung ihre Besucherinnen und Besucher mit den zwei grundlegenden Formen der Magie, der „weißen“ und der „schwarzen“ Magie oder auch dem Schutz- und dem Schadenzauber in ihren unterschiedlichsten Spielarten vertraut. - Wie bei den Sonderausstellungen des Landesmuseums für Vorgeschichte üblich, wird eine aufsehenerregende Zentralinstallation die Besucherinnen und Besucher in ihren Bann ziehen. Sie lenkt den Blick auf das Fortleben magischen Denkens in der Gegenwart, weitet ihn aber auch über Europa hinaus. - Ein vertieftes Eintauchen in die Welt des magischen Denkens ermöglichen ferner zwei Begleitpublikationen zur Ausstellung, die pünktlich zu ihrer Eröffnung erscheinen und im Museumsshop des Landesmuseums für Vorgeschichte, über den Archäologischen Fachverlag Beier & Beran sowie im Buchhandel erhältlich sind: „Magie - Das Schicksal zwingen“, Begleithefte zu Sonderausstellungen im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, Band 10, 2024 sowie „Aspekte magischen Denkens“. Internationale Tagung vom 12.-13. November 2021 in Halle, Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle, Band 29, 2024.


Mitteilungen 30-31

Dienstag, 27. Februar 2024

Druckfrisch liegt die erst vorige Woche erschienene Doppelausgabe Nr. 30/31 der Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Sangerhausen und Umgebung e.V. vor (unser Bild), die mit acht abwechslungsreichen Artikeln und 144 Seiten einen wiederum beachtlichen Umfang aufweist. Mit dieser Veröffentlichung wurde nach längerer Pause, während der u. a. sechs historische Bildbände über die Berg- und Rosenstadt erschienen, die Publikation der seit 1991 erscheinenden stadt- und regionalgeschichtlichen Periodika wieder aufgenommen. Anlässlich der jährlichen Mitgliederversammlung am vergangenen Freitag ist das neue Druckerzeugnis vom Vereinsvorsitzenden Helmut Loth vorgestellt bzw. dem befreundeten Heimatverein ARATORA ein Exemplar zur Besprechung überlassen worden. - Den Anfang macht die Abhandlung „Ortsnamen im Ostharz“ als Auszug einer Dissertation über die Namen rezenter und wüster Ortschaften dieser Region. Dem folgte eine Darstellung über Leben und Werk des hochmittelalterlichen Minnesängers und Dichters Heinrich von Morungen und dessen Beziehungen zu Sangerhausen und Mitteldeutschland. Im Mittelalter bleibend, folgt danach eine historische Betrachtung über erhaltene Reste der Stadtbefestigung in Sangerhausen. Anschließend steht die alte Kupferhütte im Fokus, besonders deren Wasserversorgung zu Zeiten der Produktion, die topografisch und archäologisch untersucht wird. Eine Geschichte aus der Zeit der Aufnahme der Kupferschieferbergbau nach dem Zweiten Weltkrieg widmet sich dann der angedachten Erbauung einer Drahtseilbahn. Es folgt die Vorstellung des Dorfes Großleinungen, heute Ortsteil von Sangerhausen, mit ausgewählten historischen Schlaglichtern und Objekten. Eine bislang so gut wie noch nie untersuchte Thematik beschließt die Artikelreihe im neuen Heft und widmet sich historischen Höhenmesspunkten an Gebäuden in Sangerhausen. Besonders dieser Bericht kann gut als Anregung dienen, auch in anderen Kommunen ähnliche alte Vermessungspunkte zu suchen und zu katalogisieren. Einige eher seltene Abbildungen aus Sangerhausen und Umgebung beschließen das Buch optisch, das von einigen Vereinsinterna und einer Bücherschau komplettiert wird. - Schön, dass die Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Sangerhausen und Umgebung nach längerer Schaffenspause wieder am Start sind, um hoffentlich neue Begeisterte an der Orts-, Heimat- und Regionalgeschichte zu akquirieren.


Fotosammlung

Dienstag, 20. Februar 2024

Zwei-, dreimal im Jahr finden sich im Briefkasten des Heimatvereins ARATORA Sendungen der besonderen Art, nämlich in Form von „Wundertüten“, d. h. von Briefumschlägen oder Klarsichthüllen mit meist bunten Mischungen historischer Fotos, Ansichtskarten und weiteren alten Dokumenten aus Artern und Umgebung. So auch Mitte diesen Monats, als eine solche Tüte dem Postkasten entnommen werden durfte (unser Bild). Rasch klärte sich auf, dass die darin befindlichen Abbildungen aus dem Nachlass einer hiesigen Handwerkfamilie stammten. Die lose Sammlung besteht aus über fünfzig privaten Fotos mit Arterner Ansichten, überwiegend aus den 1950er bis 1970er Jahren. Motivische Schwerpunkte sind Wettkämpfe der heimischen Ringer auf der Freilichtbühne. Darüber hinaus hatte der Urheber diverse Ansichten fotografiert, die den damaligen Zustand des Stadtbildes dokumentieren: Demonstrationen zum 1. Mai, Motive entlang der Unstrut, Häuser in der Wasserstraße, Abriss des südlichen und östlichen Flügels der Domäne sowie Stadtansicht von der Schönfelder Kreuzung aus. Ein historischer Bonbon sind zwei Fotos vom Rosenmontagsumzug 1958 durch Artern, zumal sich dieser Brauch mangels Interesse und Humor hier nicht durchsetzen konnte. - Besagte Fotos sind nicht nur eine schöne Bereicherung des Vereinsbilderarchiv, sondern werden auch bei der in Arbeit befindlichen Erstellung eines neuen Bildbandes mit alten Bildern sehr gern berücksichtigt. Dank an die bisherigen Stifter der „Wundertüten“ und besonders auch an die künftigen für deren Bilderspenden.


HP-Schalendach

Dienstag, 13. Februar 2024

Es war das Prestigeobjekt der Stadt Artern in den ausgehenden 1960er Jahren: das Kultur- und Versorgungszentrum als Erweiterungsbau des 1964 errichteten Hotels Stadt Artern. Zu Ehren des 20. Jahrestages der DDR wurde das Gebäude fertiggestellt und am 25. September 1969 feierlich der Nutzung übergeben. Am 3. Oktober, kurz vor dem Nationalfeiertag der DDR, gab es dann die Festveranstaltung zur Einweihung auf Ebene des Kreises Artern. - Für ungezählte Veranstaltungen bot seither der große Saal eine passende Räumlichkeit: Konzerte, Tanzveranstaltungen, Discos, Betriebsfeiern, Tagungen usw. Bekannte einheimische Künstler von Klassik bis Rockmusik gaben sich dort die Ehre. Der heute reiferen Jugend sind sicherlich noch die Auftritte u. a. der Puhdys, von City, Karussell und electra, aber auch Sänger Holger Biege und viele andere Granden der damals modernen Kulturszene in Erinnerung. - Ein Brand zur Mitte der 1990er Jahre beendete die bislang intensive kulturelle und gastronomische Nutzung dieses Gebäudetrakts, sodass dort in der Folge Geschäfte ein- und wieder auszogen. - Nach Abzug eines renommierten Elektronikfachgeschäfts im vergangenen Jahr ist es aktuell die Stiftung Finneck, die Bauarbeiten ausführen lässt, um das Gebäude künftig für soziale und pflegerische Dienste nutzen zu können. Dies wurde vorige Woche zum Anlass genommen, den vormaligen großen Saal in Augenschein zu nehmen, zumal die bis dato bestandenen Trockenbauten und Zwischendecken abgerissen worden sind und den Blick auf die Bausubstanz freigaben. Dieser Termin wurde tatsächlich zu einem Besuch in einem lost place, und das im Herzen von Artern! Hinter den Trockenbaufassaden der bisherigen Geschäfte hatte sich nach der Entkernung fast unverändert die alte Bausubstanz von vor einem halben Jahrhundert erhalten. Gut nachvollziehbar sind heute noch u. a. die Maurerarbeiten mittels Hohlblocksteinen und Ziegeln. Über eine kleine Treppe ging es vom großen Saal auf die Bühne, wo noch Reste des Vorhangs sichtbar waren. Sogar die damalige Steuertechnik war noch in Form verschiedener Schaltkästen vorhanden. Ein letzter Rest des Saalfußbodens, bestehend aus länglichen Holzelementen, konnte auch noch ausfindig gemacht werden. Das umfangreiche Kellerlabyrinth durfte nur zum Teil begutachtet werden.In den nächsten Tagen wird die fotografisch dokumentierte Situation allmählich baulich umgestaltet und den neuen Erfordernissen angepasst. Sicherlich werden die noch immer sichtbaren Reste des großen Brandes im Inneren des alten Saalbereichs  auch verschwinden. Dann werden nur noch jene Fotos von Anfang Februar 2024 als Erinnerung bleiben, ehe neues Leben in das alte Gemäuer einzieht. - Unser Bild zeigt das HP-Schalendach über dem aktuell noch von einer modernen hohen Zwischenwand getrennten, ehemaligen großen Saal.


Arterner Siegel

Dienstag, 6. Februar 2024

Ein historisches Unikat zur lokalen Sphragistik (Siegelkunde) konnte vergangene Woche mittels tätiger Mithilfe eines auswärtigen Vereinsmitgliedes auf einem großen Online-Marktplatz ersteigert werden. Wenngleich die meisten anderen dort angebotenen Artikel, die geschichtliche Bezüge zur Stadt Artern bzw. der näheren Umgebung innehaben, teils astronomisch hohe und durch nichts zu rechtfertigende Preise aufweisen, war das ins Auge gefasste Objekt der Ersteigerung relativ preiswert. - Um was geht es: Ein massiver Bildrahmen von etwas mehr als A3-Format mit Glasscheibe, dahinter 22 historische Siegelabdrücke auf Wachs bzw. Stempelschläge - sämtlich aus Artern (unser Bild). Den meisten historisch Interessierten sind die 21 Zeichnungen Arterner Innungssiegel aus dem Heimatbuch von Ewald Engelhardt (1913, S. 350) bekannt. Hier nun lagen etliche dieser abgebildeten Siegel im Original vor; möglich dass die Sammlung hinter Glas als Vorlage der erwähnten Zeichnungen von Engelhardt diente. Im Einzelnen sind diese Siegel zu sehen: Drechsler-Innung, Stadt Artern 1803, Der Magistrat zu Artern, Lohgerber-Innung Artern, Magistrat zu Artern, Königlich Preußische Stadt Artern, Standesamt Artern, Seifensieder-Siegel Artern 1712, Der Rat zu Artern, Magistrat zu Artern, Maurerstein-Handwerk Artern, Töpfer-Innung zu Artern 1735, Hutmacher-Innung Artern, Siegel des Gerichts zu Artern, Tuchmacher-Siegel zu Artern 1762, Weißgerber-Innung Artern, Weißbäcker-Siegel zu Artern 1692, Leinen- und Zeugweber zu Artern, Weißbäcker-Innung zu Artern, Seiler-Innung Artern 1672, Posamentierer-Siegel zu Artern und Weißbäcker-Siegel zu Artern 1692. - Schon auf dem ersten Blick bzw. beim Lesen der mitgeteilten Details ist erkennbar, dass es sich beim Neuerwerb um einen wichtigen stadthistorischen Baustein zur Dokumentation der Verwaltungs- und Handwerksgeschichte handelt. Die 22 Siegel werden die nächsten Zeit einzeln bildlich dokumentiert und näher untersucht. Entsprechende Erkenntnisse werden hier gern mitgeteilt.