Artern

Zur freundlichen Beachtung (neue Publikationen, Spendenaktionen, Archivwesen) & Aktuelle Meldungen zur heimatkundlichen Arbeit (einmal wöchentlich)

CG3-2022

Dienstag, 4. Oktober 2022

Mit der soeben erschienenen Ausgabe 3/2022 der Quartalszeitschrift „Computer-Genealogie“ liegt erneut spannender Lesestoff nicht nur für Familienforscher vor. Schwerpunktmäßig wird sich diesmal dem Thema „Bauern, Siedler, Landgebräucher“ gewidmet, d. h. es werden Leben und Arbeiten im historisch-agrarischen Bereich näher untersucht (unser Bild). Das macht generell insofern Sinn, als die meisten unserer Vorfahren ebendort Beschäftigung fanden. Sieben Artikel widmen sich dieser vergangenen Lebenswelt: ausgehend vom Mittelalter, dann auf die verschiedenen gesellschaftlich relevanten Schichten der früheren Bauernschaft schwenkend, um schließlich den Alltag der bäuerlichen Bevölkerung darzustellen. Es folgt ein Bericht zur allgemeinen bäuerlichen Quellenforschung (Register, Protokolle, Verzeichnisse usw.), weiterhin eine Abhandlung zur Familien- und Hofforschung. Dem schließt sich eine Darstellung über süddeutsche Kolonisten im Herzogtum Schleswig an, ansonsten noch eine Biografie des „Bauernforschers“ Arno Lange. - Aus der Welt der Computer-Genealogie wird das Programm „Ahnenblatt“ umfänglich vorgestellt, gefolgt von aktuellen nationalen und internationalen Meldungen zur Familienforschung. - Das vorliegende Heft hebt sich aus der ohnehin stets hohen Qualität der Inhalte der Zeitschrift „Computer-Genealogie“ besonders ab und ist daher für Anfänger und Fortgeschritten wärmstens zu empfehlen. Dies umso mehr, als bei der historischen und genealogischen Forschung die bäuerliche Bevölkerung in der Regel stets im Fokus von Recherchen steht. Das vierte Heft in 2022, das vor Weihnachten erscheint, steht dann unter dem Titel „Opa war beim Militär“ und verspricht ein gleichfalls interessantes und oft tangiertes genealogisches Thema.


Infotafel Knipserbude

Dienstag, 27. September 2022

Eine in mehrerer Hinsicht schwergewichtige eisenbahnhistorische Überraschung gelangte dieser Tage aus dem Harz nach Artern: Mehrere Kilogramm (!!!) historische Akten über regionale Bahnstecken, so zur Kyffhäuser-Kleinbahn, der Unstrut-Bahn und der Linie zwischen Sangerhausen und Artern. Aufgrund der Fülle des Materials kann eine Sichtung aber erst im Laufe dieses Herbstes stattfinden, weswegen hier nur sehr grob die Inhalte angesprochen werden können: viele Zeichnungen und Skizzen sowie Schriftverkehr und Karten. Besagte Akten waren während eines Wohnungswechsels aufgetaucht, und der Besitzer, der bereits vor drei Jahren dem Heimatverein ARATORA Material zur Kyffhäuser-Kleinbahn überlassen hatte, erinnerte sich erneut unseres Interesses an solchen Archivalien, für die er eigens den Harz durchquerte und diese persönlich übergab. Mitte oder Ende des vierten Quartals können an dieser Stelle genauere Mitteilungen zu den überlassenen Aktenpaketen gemacht werden. - Eine weitere bahngeschichtliche Episode soll gleichfalls löblich erwähnt werden: Seit Anfang Oktober 2022 ist an der sanierten „Knipserbude“ vom Bahnhof Artern eine Info-Tafel angebracht, damit sich Interessenten über dieses mittlerweile sehr selten gewordene bzw. seit 2021 in der Veitskirche befindliche Konstrukt belesen können. Der Erläuterungstext wurde auf einen unbedruckten Plan der Ankunfts- und Abfahrtszeiten für Personenzüge aufgebracht und vermittelt somit stilecht historische Bahnhofsatmosphäre (unser Bild). Initiiert hat die Tafel unser langjähriges und aktives Mitglied Hans-Joachim Büchner aus Weißwasser, der außerdem eine weitere wichtige Zuarbeit ablieferte: In penibler Arbeit hat er die Wiederherstellung des Fahrkartenhäuschen fotografisch dokumentiert und die Bilder der einzelnen Phasen der Sanierung mit entsprechenden Texten versehen. Herausgekommen ist eine sehr attraktive, kurzweilige und aussagekräftige Informationsmappe, die die „Knipserbude“ als liebenswertes Detail der Arterner Eisenbahngeschichte gebührend gewürdigt. Die generalisierende Anerkennung für die Wiederherstellung der „Knipserbude“ wird vermutlich aber erst in fernerer Zukunft geschehen, wenn sich auch an höherer Stelle die Erkenntnis eingestellt hat, welch rares verkehrsgeschichtliches Kleinod sich in der Veitskirche zu Artern befindet!


Gerichtstisch Voigstedt

Dienstag, 20. September 2022

Die vom Zeitfaktor her mittel- bis langfristig angesetzte Erfassung von historischen Rechtsdenkmalen in Thüringen, hier sog. Bauernsteine sowie Gerichtslinden betreffend (vgl. unsere aktuelle Meldung vom 5. Juli 2022), hat allmählich Fahrt aufgenommen. Nach dem Versand einer Rundmail an ausgewählte Adressaten im vorigen Monat sowie infolge freundlicher Mitwirkung u. a. des Kreisarchivs Sömmerda erfolgen bereits seit etlichen Tagen sukzessive Meldung über das Vorhandensein bzw. die vormalige Existenz der besagten rechtsarchäologischen Zeugnisse. Über den Herbst dürften sicher noch weitere Hinweise hinzukommen. - Die bislang vorliegenden Ergebnisse werden zunächst erfasst und standortbezogen nach Kreisen geordnet. Gleichzeitig finden Recherchen in der regionalgeschichtlichen Literatur Thüringens sowie im Internet statt. Die vorliegende Datensammlung wird dann parallel mit den dort ermittelten Daten quellenmäßig belegt und allmählich zu einem Katalog ausgebaut. - Mitstreiter bzw. Hinweisgeber sind nach wie vor herzlich willkommen, und weil den bislang am Projekt als Informanten Beteiligten zunächst nicht einzeln gedankt werden kann, soll dies hier umfänglich getan werden. Im Laufe der Zeit wird auf diesen Personenkreis zurückgegriffen und von Fall zu Fall Kontakt aufgenommen. - Jüngste Neufunde an Bauernsteinen sind folgende: Cobstädt (Landkreis Gotha), kreisrunder Stein auf einen kleinen Hügel hinter dem Dorf, ursprünglich neben einer alten Linde, die den Namen Lügenlinde trug; Kösnitz (Weimar Land), eine kreisrunde Steinplatte mit zahlreichen Vertiefungen neben einer ca. 300jährigen Sommerlinde und Kirchheim (Ilmkreis), kreisrunder Stein am Rande eines großen Dorfangers. - Um die bei der Erfassung auftretenden Probleme zu dokumentieren sei hier ein Beispiel aus Artern angeführt, einen potentiellen Gerichtsstein in der Altstadt betreffend. Aus der schriftlichen Quellenlage geht nämlich nicht eindeutig hervor, ob dieser tatsächlich vorhanden war oder damals nur als Metapher genutzt worden ist. Je nach Interpretation könnte somit für die Existenz oder eben die Nichtexistenz votiert werden. Aber genau solche Rätsel machen ja den Reiz der Forschungen in einem derartigen Projekt aus! Unser Bild zeigt den hingegen eindeutig mittelalterlichen Gerichtstisch im Ortsteil Voigtstedt um 1935 an dessen ehemaligem Standort vor dem Horst-Wessel-Denkmal nahe dem Friedhof.


Diss Loga

Dienstag, 13. September 2022

Mitglieder des Geschichtsvereins Sangerhausen, des Heimat- und Geschichtsvereins „Goldene Aue“ und des Heimatvereins ARATORA waren seit einer Veranstaltung der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 2018 in der Kirche St. Ulrich zu Sangerhausen bereits „vorgewarnt“, was da in absehbarer Zeit auch auf sie zukommen würde. Damals hielt Kristin Loga, Namengutachterin bei Prof. Jürgen Udolph am Zentrum für Namenforschung in Bremen, einen Vortrag über regionale Ortsnamensgeschichte und beeindruckte mit der hervorstechenden Qualität und Quantität ihrer Forschungen. Nun ist ihre über 600 Seiten umfassende Dissertation mit dem Titel „Ortsnamen im Ostharz. Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“ (unser Bild) veröffentlicht worden! Neben den Fachvertretern der Sprach- und Geschichtswissenschaften dürfte besonders aber die hiesige Heimatforschung von diesen jahrelangen akribischen Untersuchungen langfristig profitieren. - Einer kurzen Einführung in die Toponomastik bzw. knappen Darstellung des relevanten Forschungsstandes in Sachsen-Anhalt folgen statistische Angaben über die Ortsnamen in beiden Kreisen sowie Allgemeines über die Vorgehensweise bei der Erstellung eines Wörterbuchs der Ortsnamen, ehe die eigentlichen Forschungsergebnisse aus den ehemaligen Landkreisen Sangerhausen und Quedlinburg folgen. Und die haben es in sich, sowohl was die detaillierten namenkundlichen Forschungen als auch den Quellenapparat anbetreffen. Auf diese muss hier des grandiosen Umfangs und Detailreichtums wegen leider verzichtet und vielmehr auf die Dissertation selbst verwiesen werden. (Beim Heimatverein ARATORA liegt die Dissertation von Kristin Loga vor und kann bei Interesse als PDF angefordert werden.) Nach der fast schon peniblen Darstellung zur Geschichte der Ortsnamen im südöstlichen und nordöstlichen Harz beschließen linguistische Auswertungen sowie das 26seitige Quellenverzeichnis, Karten usw. diese eindrucksvolle und für unsere Region äußerst bedeutsame Doktorarbeit.


Kalender

Dienstag, 6. September 2022

Seit mittlerweile 2015 hängt der beliebte Nostalgie-Kalender in zahlreichen Wohnungen in Artern, der Umgebung sowie in der Ferne und begleitet deren Bewohner auf jeweils zwei Monatsblättern mit historischen Abbildungen durch das Jahr. Damit dies auch 2023 so bleibt, hat der Heimatverein ARATORA die Herausgabe des wiederum 28seitige Kalenders für kommendes Jahr initiiert. Dieser steht unter dem Titel „Artern im Jahrzehnt nach der Wende“ und bringt erneut insgesamt 32 Motive aus der jüngeren städtischen Vergangenheit (unser Bild). Die Titelseite zieren diesmal das Empfangsgebäude und ein Teil der Bahnsteige des Arterner Bahnhofes. Auch dieses Motiv hat sich, wie die meisten anderen Abbildungen, seit dem Zeitpunkt der Aufnahme verändert, ggf. gibt es die eine oder andere Ansicht schon gar nicht mehr. - Auf den Kalenderblättern für 2023 sind diesmal zu sehen: Straße der Jugend, Solsteg, Siedehaus der Saline, Volksbank, Feuerwehr, alte Domäne, Blick vom Weinberg, Mühle, untere Ritterstraße und Leipziger Straße, Hinterm Rathaus, Salzdamm, Wasserstraße, Ritterstraße, Oberer Hof, Borlach-Schule, Stadion, Herrnstraße, obere Ritterstraße, Geschwister-Scholl-Platz, Brauerei, Goldene Aue und Altstadt. - Weitere Fotos komplettierten den neuen Kalender, der anlässlich des Heimat-Shoppings am Sonnabend, 10. September 2022 erstmals angeboten wird. Der Verkauf findet vor dem ehemaligen Hotel zwischen 10 und 15 Uhr statt. Der Preis beträgt wie gehabt 10,00 Euro. Zum Zwiebelmarkt einen Monat später kommt es zum Restverkauf des Nostalgie-Kalenders 2023. Dessen Auflage ist allerdings auf 200 Exemplare beschränkt.


Grabdenkmal Walter

Dienstag, 30. August 2022

Coronabedingt und anderer Umstände wegen wurde die schon vor über zwei Jahren angedachte Sanierung eines ausrangierten historischen Grabsteins auf dem Arterner Friedhof leider stark verzögert. Doch nun ist es endlich soweit: Die Wiederherstellung des dreiteiligen und übermannshohen Grabdenkmals der Marie Elisabeth Walter ist im Gange und befindet sich deswegen zur Wiederherstellung in einer Steinmetzwerkstatt (unser Bild). - Im Vorfeld ergaben sich jedoch Schwierigkeiten, die gemeistert werden mussten. Diese Probleme basierten auf dem Erhaltungszustand der Schriftzüge, die nach fast 175 Jahren teilweise erheblich verwittert waren, was zunächst zu Leseschwierigkeiten führte. Nach Stunden der Analyse am Bildschirm sowie nach der Inaugenscheinnahme des Steins in der Werkstatt konnte nun der komplette Text entziffert werden. Hierfür nötig waren verschiedene Dateivarianten der fotografierten Textblöcke, u. a. als Negative sowie unter Zuhilfenahme verschiedener Farbfilter. Erschwerend kam der aus heutiger Sicht etwas schwülstige Trauertext hinzu, der mit nicht mehr geläufigen Phrasen und Wortschöpfungen gespickt war. - Demnach war die Verewigte, eine geborene Bauer, am 4. Dezember 1796 in Bottendorf geboren worden und starb in Artern am 29. August 1850. Ihr Ehegatte war der hiesige Bürger, Einwohner, Schiffseigner und Besitzer der Ziegelei in der späteren Unstrutstraße Christian Walter. Grund des frühen Ablebens von dessen Frau war eine Cholera-Epidemie, die damals in Artern wütete. - Nach der Wiederherstellung des Grabdenkmals wird dieses nahe der Feierhalle wiedererrichtet, und zwar so, dass für Friedhofsbesucher die Texte auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten des Steins lesbar werden. Das Denkmal der Marie Elisabeth Walter kann und soll künftig stellvertretend für eine einstmals auch in Artern reichhaltige, heute jedoch arg dezimierte Anzahl von Grabsteinen wahrgenommen werden, die die bürgerliche Sepulkral- und Gedenkkultur des 19. Jahrhunderts anschaulich werden lässt.


Artikel

Dienstag, 23. August 2022

Nach wie vor steht die regionale Eisenbahngeschichte im Fokus der Heimatforschung; in diesem Kontext ist natürlich auch die Kyffhäuser-Kleinbahn stets ein Thema. In einer neuen Veröffentlichung wird diese vormalige Bahnlinie zwischen Artern und Berga/Kelbra gewürdigt (unser Bild), nachzulesen in der 130. Fortsetzung des Sammelwerks „Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland einst und jetzt“, herausgegeben vom Dr. Lutz Münzer. Dort werden insgesamt sieben historische Eisbahnstrecken vorgestellt. Ins Auge sticht dabei das durchweg hervorragende Layout sämtlicher Artikel mit angemessen großen, attraktiven Abbildungen sowie Plänen und Skizzen. - Der Bericht zur Geschichte der Kyffhäuser-Kleinbahn umfasst zwölf Seiten und wurde vom Eisenbahnhistoriker Paul Lauerwald aus Nordhausen verfasst. Die Textaussagen werden eindrucksvoll mit 26 Illustrationen untermalt. Der Verfasser beginnt seine Darstellung mit der Planungsphase der Strecke und gleitet dann in die Bauzeit der Trasse über, die durch den Ersten Weltkrieg verzögert worden ist. Es folgt eine Kurzdarstellung der Stationen der Kleinbahn sowie deren Entwicklung bis 1945. Beachtung findet dann der Einsatz von Bussen als Ergänzung zum Bahnbetrieb sowie die Nutzung von Triebwagen. Der später hinzugekommene Haltepunkt Altendorf (Kelbra) wird separat beleuchtet, während danach die Übernahme der Strecke durch die Deutsche Reichsbahn behandelt wird. Das allmähliche Ende und die Stilllegung der Bahn nimmt etwas größeren Raum ein, ehe eine tabellarische Aufstellung der Betriebsstellen und Anschlüsse mit zugehörigen historischen Daten den Bericht beschließt. - Eisenbahnfreude dürften sich besonders über die Bebilderung des Artikel sfreuen, u. a. die Bahnhöfe Artern, Sittendorf und Kelbra, Landschaftsaufnahmen mit der Bahn als Teilmotiv, Lokomotiven, Brücken und Personal, weiterhin Zeichnungen und Fahrpläne.


Handbuch Flurnamen

Dienstag, 16. August 2022

Wolfram Voigt aus Schkölen ist vielbeschäftigt; wenn er sich nicht berufsbedingt der Garten- und Landschaftspflege widmet, forscht er u. a. über Flurnamen und -denkmale, und wenn die Zeit ausreicht, wird daraus die eine oder andere Veröffentlichung. Auf sein neuestes Werk, das „Handbuch der schönsten und spannendsten Flurnamen Mitteldeutschlands“ (unser Bild), soll an dieser Stelle sehr gern hingewiesen werden. - Auf 173 Seiten werden dort in alphabetischer Reihenfolge ausgewählte Flurbezeichnungen aus den fünf ostdeutschen sowie angrenzenden Bundesländern vorgestellt. Dieser Publikation gingen jahrelange Recherchen voraus, in deren Verlauf über 15 Millionen Flur- und Straßennamen durchgesehen worden sind. Drei Personen waren an der Erfassung beteiligt. - In der nunmehr dritten, erweiterten Auflage kommen seltene, kuriose und rätselhafte Flurnamen zur Vorstellung. Sechs Verbreitungskarten zählen Belege zu Thie-Stätten auf, weiterhin die Questenberge, Sperlingsberge Kuhtänze, Schenken- und Schwiegelberge. An eigentümlichen Flurnamen, die im Buch erklärt werden, soll nachstehende Auswahl genügen: Adam und Eva, Butterberg, Drachenberg, Eierkuchenberg, Froschweide, Gansberg, Heißer Stein, Königsstuhl, Lange Else, Melm, Orlas, Pfingstanger, Sackpfeife, Spielberg, Tumirnicht, Wurmberg und Zollstock. - Der aufmerksame und in der hiesigen Flurnamenslandschaft bewanderte Heimatfreund wird nicht wenige Flurnamen wiederfinden, die auch in unserer Region zu finden sind. Vor allem in diesem Sinne spricht das Handbuch sowohl „altgediente“ Forscher wie auch Neueinsteiger ein. Besonders letztere mögen sich angeregt fühlen, sich diesem faszinierenden Forschungsbereich zu widmen, denn was gibt es schöneres, als mit alten Landkarten, Flurbüchern und Katasterakten zu arbeiten und dabei Namenforschung zu betreiben. Das Arbeitsfeld ist nach wie vor groß und alles andere als abgeschlossen. Wolfram Voigts handliches Buch zum kleinen Preis macht jedenfalls richtig Appetit, sich (wieder) diesen alten Namensdenkmälern zu widmen!


Amtsgerichtgebäude

Dienstag, 9. August 2022

Wer Familienforschung betreibt, kann sich in der Retrospektive glücklich schätzen, Kriminelle unter seinen Vorfahren und Verwandten zu haben. Dann nämlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Missetaten dieser Diebe, Gauner und Betrüger in historischen Zeitungen ihren Niederschlag gefunden haben, wenn Reportagen aus den Gerichtssälen publiziert wurden. Oft sind dann detailliert die begangenen Straftaten wiedergegeben und die Urteile mitgeteilt worden. Jenseits von Eintragungen in Kirchenbüchern oder auf Standesämtern bringen solche Berichte „Leben“ in die Familienforschung, bringen diese doch wichtige Details der Lebensläufe der Verurteilten ans Licht. - Aus der eigenen Familiengeschichte soll ein solcher Fall nachstehend als Paradebeispiel für ungezählte ähnliche Pressemitteilungen veröffentlicht werden; diese hier zum vorläufigen Abschluss unserer kleinen Sommerserie über historische Kriminalfälle stammt vom März 1881: „Der Arbeiter Gustav Dunse von hier [Halle/S.] und der Arbeiter Gottfried Schmelling aus Eisleben, zwei alte Zuchthäusler [!], wurden gestern Vormittag in der Dunse’schen Wohnung durch Herrn Kriminal=Kommissar Grosse verhaftet, weil sie verdächtig sind, in der Nacht zum 22. v. M. bei dem Kaufmann Riecke in Roßla einen Einbruch verübt und dabei 120 Mk. baares Geld entwendet zu haben; außerdem wird ihnen ein anderer Einbruch zu Last gelegt, der in der Nacht zum 27. Febr. zum Nachtheile der Wittwe Großstück in Breitungen verübt wurde und bei dem die Diebe ca. 20 Mk. raubten. Außer Geld wurde nichts entwendet. Schmelling war kaum 2 Tage aus dem Zuchthause, wo er 4 Jahre zugebracht hatte, entlassen, als er den obenerwähnten ersten Einbruch begangen zu haben scheint. Dunse war im Herbst v. J. vom Zuchthause entlassen.“ - Unser Bild zeigt das Gebäudes des Amtsgerichts in Artern als historische Stätte der regionalen Rechtspflege.


Reinsdorf von Süden

Dienstag, 2. August 2022

Eine andere historische Meldung aus dem Gerichtssaal soll heute im Rahmen unserer kleinen Reihe während der Sommerpause mitgeteilt werden; die relevante Verhandlung fand 1884 in Nordhausen statt. Ein ganz besonderes „Früchtchen“ war demnach der 1869 in Reinsdorf (unser Bild) geborene Karl Friedrich Knoche, damals also noch ein Schuljunge. Dessen Anklage: Urkundenfälschung und versuchter Betrug. Obwohl eine guter Schüler und aus ordentlichem Elternhaus stammend, missbrauchte er seinen darauf beruhenden Vertrauensvorschuss wie folgt. Was heute vielen ihr Smartphone als Statuszeichen ist, war damals der Besitz einer Taschenuhr, denn mit einer solchen wollte Knoche prahlen. Allerdings hatte er kein Geld, um sich einen Chronometer auf redliche Weise zu beschaffen. Also musste die krumme Tour angewendet werden, und die ging richtig schief! - Am 21. Dezember 1868 ging der Angeklagte in das Geschäft von Uhrmacher Thieme in Artern und gaukelte diesem mit einem gefälschten Schreiben vor, für seinen Lehrer Köthe eine Taschenuhr abholen zu wollen, die der Pädagoge bei nächster Gelegenheit dann bezahlte würde. In einem anderen Fall wurde Knoche von Pfarrer Reichardt in Reinsdorf beauftragt, für arme Kinder Spenden zu sammeln. Das tat der Junge auch, änderte jedoch die Summe auf der Spendenliste ab, um einen namhaften Betrag für privat abzubiegen. Davon angespornt, entwarf Knoche eine weitere Liste, um nun zu hundert Prozent auf eigenen Profit Kollekten zu sammeln. Über 22 Mark erschwindelte dieser mit besagter Aktion. Weiterhin versuchte der Angeklagte, auch bei Uhrmacher Ungewitter in der Arterner Wasserstraße eine Taschenuhr zu ergaunern. - Es kam schließlich, wie es kommen musste: Aller Schwindel flog auf und Karl Friedrich Knoche kam vor den Kadi. Er war geständig und musste trotz seiner Jugend ins Gefängnis: für sechs lange Monate, „die der Knabe sofort antrat“. - Im alten Preußen hatte demnach Recht noch mit Strafe zu tun! Also keine Glaceehandschuhe, mit denen kriminelle Wiederholungstäter von der Justiz angefasst worden sind, und vor allem keine Sozialstunden im Tierheim. Im dunklen Karzer durfte der jugendliche Mehrfachbetrüger über seine Schandtaten nachdenken und nach Besserung streben!


Hochzeit Artern

Dienstag, 26. Juli 2022

Ein weiterer Fall von Justiz vergangener Zeiten soll heute unsere kleine Sommerserie über Kuriosa aus der Stadtgeschichte bereichern, wobei es um eine verdrängte Eheschließung und deren verheerende Auswirkungen geht. Die Berichterstattung aus dem Gerichtssaal meldete 1865 folgendes: Der Arbeiter Andreas Becker aus Artern war ein unbescholtener Mann, ehelichte 1842 Marie Bärenklau und lebte mit dieser in Goldlauter, Südthüringen. Zwei Jahre später kam es zum großen Krach, und die Gattin verließ Becker klammheimlich. Dieser zog nach Artern zurück und heiratete 1857 die Witwe Regine Piller. Nach deren Tod 1863 ehelichte Andreas Becker die Friederike Bärwinkel. - Das Gericht stellte fest, dass der Angeklagte demnach zweifache Bigamie betrieben hätte, da er ja immer noch mit der ausgebüchsten Marie, geb. Bärenklau verehelicht war. Diese indes hielt Becker für tot, da seine Bemühungen, die erste Ehefrau aufzufinden, ohne Erfolg waren. Marie Becker starb allerdings erst 1864 und hatte bis dahin keine Anstalten gemacht, ihren Verflossenen wiederzusehen. Bei dessen späterer, d. h. zweiter Eheschließung hatte Andreas Becker jedoch einen entscheidenden Fehler gemacht, als er dem Pfarrer anlog, er sei noch Junggeselle. Zudem wäre er damals gedrängt worden, die Witwe Regine Piller zu heirateten, da man in seinem Umfeld eine wilde Ehe nicht dulden wollte. - Trotz dieser verzwickten Umstände hielt der Staatsanwalt seine Anklage aufrecht, und das Gericht verdonnerte schließlich den Bigamisten zu sage und schreibe zwei Jahren Zuchthaus! - Unser Bild zeigt Blumenkinder vor der Marienkirche um 1930, die auf das Hochzeitpaar warten.


Geschäft Engelhardt

Dienstag, 19. Juli 2022

Wie bereits angekündigt, soll die eher ereignisarme Zeit über den Sommer hinweg mit kurzen, aus heutiger Sicht kuriosen oder amüsanten Kurzmeldungen aus der Stadtgeschichte überbrückt werden. Heute wird über eine 1906 aufgeflogene Kinderbande berichtet, wobei Parallelen zur Gegenwart durchaus gezogen werden können. Die Presse meldete folgende Sachverhalte hierzu und gab zugleich die Strafmaß vor: „Artern. Ein vierblättriges sauberes Kleeblatt bilden in unserer Stadt vier Jungen im Alter von etwa 12 Jahren, welche schon seit fast einem Jahr das unsaubere Handwerk des Diebstahls betrieben haben, und zwar mit eine Raffiniertheit, die es ermöglichte, daß das Treiben der Bürschchen so lange unentdeckt bleiben konnte. Vernehmungen haben ergeben, daß die meisten Geschäftsleute heimgesucht worden sind, darunter solche, die die Diebstähle bis vor kurzem überhaupt nicht entdeckt hatten. Den jungen Dieben ist vieles in die Händen gefallen: Lebensmittel, Spielwaren, Zigaretten, Gebrauchsgegenstände usw. In der Regel verlangten die Jungen in den Geschäften solche Gegenstände, von denen sie wußten, daß diese dort nicht zu haben sind. Beim Verlassen des Ladens ließen sie dann die Ladentür angelehnt und während dann der Ladeninhaber den Laden verlassen hatte, betraten sie denselben schnell wieder und stahlen, was ihnen in die Hände fiel. Selbstverständlich mußte vor dem Laden einer „Schmiere“ stehen. Alle Tage eine gehörige Tracht Prügel wäre hier wohl angebracht.“ - Unser Bild zeigt den Blick in das Geschäft von Franz Engelhardt in die Leipziger Straße um 1900, der vielleicht auch damals Opfer der Kinderbande geworden ist.


Misthaufen vor Haus

Dienstag, 12. Juli 2022

Über die Umsetzung von Ordnung, Sicherheit und Hygiene im öffentlichen Raum in Artern und auch anderswo ließ und lässt sich trefflich streiten. Doch nicht nur in heutiger Zeit, auch bereits früher machten sich die Stadtväter Gedanken, wie die Bewohner zu mehr Reinlichkeit angehalten werden könnten. Eine vor knapp anderthalb Jahrhunderten in kraft getretene, diesbezügliche amtliche Verordnung sollte in Artern für Klarheit sorgen. Mit dieser, nachstehend beschriebener Richtlinie beginnt eine lose Folge von aus heutiger Sicht merkwürdigen oder kuriosen Begebenheiten aus der städtischen Geschichte, die zum Nachdenken und/oder Schmunzeln anregen soll: „Unsere hiesige [Arterner] Polizeiverwaltung erläßt [1884] nachstehende sehr lobenswerthe Anordnung: Jeder Eigenthümer oder Nießbraucher eines im hiesigen Stadtbezirke liegenden Grundstückes hat die vor demselben befindlichen Gossen oder Rinnsteine täglich gründlich zu reinigen und den Unrath fortzuschaffen [unser Bild]. Die Reinigung ist mit frischem Wasser vorzunehmen und von Zeit zu Zeit ist eine Desinficirung der Rinnsteine mit Carbolsäure zu bewirken. Die Aborte und Düngerstätten in jedem Gehöfte sind öfter als gewöhnlich auszufahren, Jauche oder ähnlicher Unrath, namentlich die Abgänge in Schlächtereien, Gerbereien sind wohlbedeckten Behältern oder den Düngerstätten zuzuführen und durch Aufstreuen von Torf oder anderer Asche, Gypskalk, Kehricht und dergleichen zu binden. Insbesondere sind die Besitzer von Gast- und Schankwirthschaften verpflichtet, Abtritte und Pissoirs regelmäßig und gründlich desinficiren zu lassen. Dünger, welcher aus den Gehöften auf die Straße geschafft wird, ist sofort aufzuladen und abzufahren, die Straße wieder zu reinigen bzw. abzuspülen und zu desificieren. Zugleich wird von dem Verkaufe ungesunder Nahrungs= und Genußmittel, namentlich unreifen Obstes, sauren Bieres u. s. w. gewarnt. - Wer den vorstehenden Anordnungen nicht nachkommt bezw. zuwiderhandelt, verfällt in die gesetzliche Strafe.“


Bauernstein

Dienstag, 5. Juli 2022

Für eine derzeit in Arbeit befindliche Materialsammlung im Vorfeld einer geplanten Buchveröffentlichung werden Heimatforscher, Ortschronisten und Interessierteren herzlich um Mithilfe gebeten! Gesucht werden „Die letzten Spuren der bäuerlichen Gerichtsbarkeit in Thüringen“, so der Arbeitstitel des Vorhabens. Gemeint sind insbesondere alte Bauernsteine, Gerichtsteine oder -tische, weiterhin vormalige Gerichtslinden oder andere Bäume mit Relevanz zur mittelalterlichen bäuerlichen Rechtsprechung. Neben heute noch vorhandenen dergleichen Objekte sind aber auch mittlerweile verschollene Steine und Bäume von Interesse, so Meldungen in Akten, alte Gerichtsverhandlungen, Ackerverzeichnisse oder Flurnamensregister (z. B. Namen wie Steinernes Gericht, Am Bauernstein, Am Gerichtsstein, Mahlstein, Alte Linde, An der Gerichtslinde, Mahllinde). Initiator ist ein Forscher aus dem Saale-Holzland-Kreises, der mit solchen Daten unterstützt werden soll. - Angelehnt an den prächtigen Sonderband von Archäologie in Sachsen-Anhalt „… ahnn den Stein, so uf den Anger stehet - Bauernsteine in Sachsen-Anhalt. Ein Inventar“ von Wernfried Fieber, Heiner Lück und Reinhard Schmitt soll ein Verzeichnis für Thüringen entstehen, das sich aber nicht nur auf alte Gerichtssteine konzentriert, sondern auch Gerichtsbäume einbezieht. Für dieses Projekt werden Hinweise jeglicher Art erbeten, gern auch Fotos oder Reproduktionen, die bitte an den Heimatverein ARATORA gemeldet werden möchten. Diese Informationen werden dann an den Autor weitergeleitet. - Unser Bild zeigt den Schulzenstein in Voigtstedt, ein vor einem halben Jahrhundert geretteter mittelalterlicher Gerichtsstein.


CG 2-2022

Dienstag, 28. Juni 2022

Und wieder ist ein Vierteljahr vorüber, denn die neue Ausgabe 2022 der Zeitschrift „Computer-Genealogie“ liegt seit dem zweiten Quartalsende auf 42 Seiten druckfrisch vor (unser Bild). Im Fokus diesmal: Genealogische Nachlässe. Vier Artikel behandeln im aktuellen Magazin dieses allgegenwärtige, wenngleich stets gern beiseite geschobene Thema über den Umgang mit ererbten familiengeschichtlichen Sammlungen. Der Anspruch, solche oft über Jahrzehnte hinweg erstellten Stammbäume nebst Dokumenten nach Besitzerwechsel für künftige Generationen zu erhalten und zu pflegen, stellt sich als nicht einfach heraus. Jede der möglichen Varianten der Überlassung (Vorlass, Nachlass an Archive oder Vereine, Online-Präsentation im Internet) birgt ihre Tücken und ist meist mit viel Arbeit und großem Zeitaufwand verbunden. Auch die Option der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen in Buchform oder auf Webseiten muss vorab gründlich überlegt werden. Nicht zuletzt sollte an eine genealogisches Testament gedacht werden, worin der Verbleib der Daten und Sammlung festgelegt wird. (Übrigens betrifft die angesprochene Nachlassverwaltung nicht nur genealogische, sondern viel öfter orts- und regionalgeschichtliche Sammlungen mit Texten, Bildern und Dokumenten, die nicht selten bei Haushaltsauflösung unbedacht im Container landen, womit so manches, oft über Jahrzehnte hinweg liebevoll gepflegtes Lebenswerk in Sekunden zerstört wird.) - Es schließen sich nützlichen Kurzmeldungen an, ehe genealogische Hilfsprogramme vorgestellt werden, so Software zur Transkription von digitalisierten Urkunden bzw. zur Literatur- und Quellenverwaltung oder Fotobearbeitung und -verwaltung. Vorgestellt werden hernach zwei neue Versionen von Anwendungsprogrammen zur Familienforschung. Besonders für Forscher, die Relationen in die USA haben, ist der Artikel über die Freigabe der Unterlagen zur Volkszählung 1950 in den Vereinigten Staaten von Interesse. Für Freunde der mehr und mehr in der Fokus rückenden DNA-Genealogie ist der Bericht über GEDmatch als Portal für diese Art der Familienforschung lesenswert. Erinnert wird dann über die Einführung der Maß- und Gewichtsordnung 1872 im Deutschen Reich, d. h. die Harmonisierung solcher gebräuchlichen Einheiten. Weitere Kurzmeldungen beenden die aktuelle Ausgabe der „Computer-Genealogie“. - Danke erneut an den Verein für Computer-Genealogie für eine inhalts- und abwechslungsreiche sowie hoch informative Broschüre, die ebendort zum Preis von 5,00 Euro bestellt bzw. abonniert werden kann – eine kleine Ausgabe mit hohem Nutzen für Familien- und Heimatforscher!