Artern

Zur freundlichen Beachtung (neue Publikationen, Spendenaktionen, Archivwesen) & Aktuelle Meldungen zur heimatkundlichen Arbeit (einmal wöchentlich)

Plakette Veitskirche

Dienstag, 29. August 2017

Heute vor achtzig Jahren wurde in der St. Veitskirche ein Heimatmuseum mit großen Feierstunde eröffnet. Ein Artikel aus dem Mitteilungsblatt „Thüringer Heimatschutz – Mitteilungen der Thüringer Landesvereine Heimatschutz“ vom Oktober 1937 berichtet darüber wie folgt: „Artern neues Heimatmuseum eröffnet. Mit einem Heimatfest eröffnete Artern sein Geltemuseum in der alten Veitskirche. Der Raum der Kirche hat durch Herausnahme einer Mauer wieder seine ursprüngliche Kreuzform erhalten. Nach weiteren Erneuerungsarbeiten wurden dann die Museumsschätze nach modernen Vorbildern aufgestellt. Gleichzeitig haben die alten Arterner Fahnen und Innungszeichen einen Ehrenplatz bekommen. Das neue Museum enthält pergamentene und papierne Urkunden mit umkapselten Siegeln, Hunderte von alten Abschriften, Regesten und Auszügen, besonders die wertvollen Handschriften von Archivrat Dr. [Eduard] Jacobs [aus Wernigerode], ferner eine beachtenswerte Sammlung heimischer Gesteinsschichten und Versteinerungen, vorgeschichtliche Gefäße und Werkzeuge, Reste urzeitlicher Tiere und Sammlungen von Pflanzen und Tieren des letzten Jahrtausends. Von den mittelalterlichen Stücken sind neben der wertvollen Ho[h]lstedter Madonna mit dem Jesuskind besonders die prächtigen Innungsbriefe der Schuhmacher von 1392 zu erwähnen. Ergänzend zu früheren Sammlungen traten alte Chroniken, Flugblätter, Steindrucke, Kupferstiche und Landkarten der engeren und weiteren Heimat. Wappen heimischer Familiengeschlechter wechseln mit alten Felgenwappen [Irrtum: es waren ursprünglich Regenbögen, später auch Sichelmonde] und Siegeln. Die an Alter wertvollsten Fahnen sind die reich bemalte Jubelfahne von 1730 und die alte weißseidene Leineweberfahne von 1795. Interesse beanspruchen auch ein Gipsabguß von Goethe Hans (Goethes Ahnen stammten aus Artern) und Bilder vom Leben und Schaffen Thomas Münzers.“ – Bereits ein Jahr zuvor hatte dieselbe Zeitschrift über damals laufende Vorbereitungen für das neue Arterner Museum berichtet: „Das im Aufbau befindliche Museum in der Veitskirche wurde durch den Leiter der Landesanstalt für Volkheitskunde Halle, Prof. [Hans] Hahne [vormals Schüler in Artern] und den Kustos [Paul] Grimm [später Ausgräber der Pfalz Tilleda] eingehend besichtig. In mehrstündigen Beratungen mit Vertretern der Stadtverwaltung und des Heimatvereins Aratora befaßte man sich mit den Schwierigkeiten, die bei der Errichtung des Museums aufgetreten sind. Zur Freude der Arterner Heimatfreunde erhielt man die Zusicherung, daß dem Museum seine Selbständigkeit nicht genommen wird. Allerdings steht zur Bergung vorgeschichtlicher Funde künftig nur der südliche Teils des Kreises Sangerhausen zur Verfügung. Darüber hinaus wird aber sein Wirkungskreis durch nicht beschränkt, so daß das Arterner Museum einst nach Fertigstellung ein getreues Spiegelbild von Kultur und Geschichte der Nordthüringer Gelte zwischen Steinklöbe und Walkenried, zwischen Sachsenburgpaß und mittleren Harz geben wird.“ – Der hohe, regional sehr ausdehnte Anspruch wurde in den zwei Jahrzehnten der Existenz des Museums nie erreicht. Schicksale und Verbleib des reichen Inventars nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute sind eines Trauerspiels würdig! Unser Bild zeigt eine Plakette zur Eröffnung 1937, darauf die Inschrift "Veits= u. Moritzkirche zu Artern / Gelteheim". (Dem Heilige Mauritius oder Moritz geweiht ist auch der Dom in Magdeburg. Mit der Namendoppelung sollte auf die historische Zugehörigkeit Arterns zum Erzstift Magdeburg seit 1346 hingewiesen werden).


Glockenguss

Freitag, 25. August 2017

Eine sehr eindrucksvolle Lehrstunde historischen Handwerks fand am vergangenen Wochenende in unserer lieben alten Kreisstadt Sangerhausen statt. Hermann Schmitt, Glockengießermeister aus Brockscheid in der Vulkaneifel, goss am Sonnabend gleich zwei Glocken für die um 1350 erbaute Marienkirche nahe des Bahnhofes. Eine Vertretung des Heimatvereins ARATORA weilte auf Einladung des Sangerhäuser Geschichtsvereins ebendort und bereute das stundenlange Warten in der das Gotteshaus umgebenden Marienanlage keinesfalls. Immerhin kamen während der Vorführungen auch Erinnerungen an die Arterner Glockengießermeister Meyer in der Harzstraße und Werner in der Kirchstraße aus dem 19. Jahrhundert hoch. – Der Glockenguss 2017 ist ein Gemeinschaftsprojekt des Kulturvereins Armer Kasten, des Vereins für Geschichte von Sangerhausen und Umgebung sowie der Gemeinde der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Insgesamt sind es vier Glocken, die für die Marienkirche neu gegossen worden sind und bald zu Ehren des 500. Jubiläums der Reformation vom Turm von St. Marien erklingen werden. Die Kosten hierfür belaufen sich auf insgesamt über 64.000 Euro! – Eindrucksvollste und vermutlich einmalige Augenblicke waren jene, als die 1.100 Grad heiße Glockenspeise aus Kupfer und Zinn manuell in die Gussformen gefüllt wurde (unser Bild). Sehr rasch glühten da die Eisenstangen und Schaufeln bzw. es fingen die Handschuhe der Gießer Feuer. In markanter Pfälzer Mundart hallten die Befehle an die Arbeiter während der hochgefährlichen Arbeit durch die Reihen der zahlreichen Besucher. Aber erst einen Tag später stellte sich heraus, ob die Güsse gelungen sind – und sie waren es, auch wenn die Arbeiter (mit Hilfe auch von Gästen) bis dahin mit Schlaghammer, Stemmeisen, Flex und Drahtbürste in stundenlangen, sehr staubigen Strapazen die Bronzeglocken von den Resten der Gussformen befreien mussten. Das erste Anschlagen mittels eines Holzbretts offenbarte bereits, was bald klanglich die Rosenstadt bereichern wird. Zum Kobermännchenfest am ersten September-Wochenende können die Besucher die Resultate des Glockengusses in Augenschein nehmen, ehe alle vier Glocken dann am 31. Oktober 2017 zusammen ertönen.


Bewohner- & Hausverzeichnis

Dienstag, 22. August 2017

Anderthalb Tage dauerte eine kürzlich von Heimatfreunden bzw. Familienforschern aus Artern und Nordrhein-Westfalen umständehalber vorgenommene, umfangreiche fotografische Dokumentation von hiesigen Akten, vorrangig aus dem späten 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts (unser Bild) sowie die Sichtung weitere hochinteressanter Dokumente, vorrangig mit historischen Personenbezügen. Der Clou an der durch den Heimatverein ARATORA sichergestellten Sammlung: eine achtbändige Erhebung sämtlicher Wohnhäuser in Artern mit zeitlicher Auflistung und Nachweisung der Besitzer und deren Familien, der Mieter mit Familien, den zweitweise darin wohnhaften Gewesenen sowie früher nur sporadisch dort Anwesenden – alles in allem mehrere Tausend Eintragungen mit detaillierten Zahlenwerten weit über ein Halbjahrhundert hinweg. Es liegen vor: die Belegung der Häuser Nr. 50 bis 458. Leider fehlt Band 1 mit den Wohnhäusern 1 bis 49, d. h. Teile der Harzstraße, der Nordhäuser Straße und der Alten Poststraße sind nicht nachweisbar. Trotzdem lässt es diese sehr inhaltsreiche handschriftliche Dokumentation künftig zu, viele personen- und/oder familienbezogene Chronologien pro Wohngebäude zu erstellen. Als hilfreicher Schlüssel zur Verortung der in den Folianten benannten einzelnen Hausnummern dient eine bislang unveröffentlichte Arterner Stadtkarte aus dem Jahr 1887, auf der akribisch die damals gültige Haunummerierung im Stadtgebiet vermerkt wurde, ehe 1893 eine vollständige Änderung dieses überholten Ordnungssystems durch den Arterner Stadtrat beschlossen worden ist. – Nunmehr können Aussagen über die historische Bewohnung der meisten Häuser in Artern über einen nicht unbedeutenden Zeitraum von spätsächsischer über frühpreußische Zeit und noch später eruiert werden! Einarbeitung, Erfassung, Transkription, Registrierung und Verkartung der Daten werden allerdings einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Der Lohn dieser Mühen werden einmalige Informationen zur Genealogie, Bau- und Stadtgeschichte sein. Insgesamt wurden fast 1.300 Fotos erstellt, die analog den Originalen digital in Ordnern abgelegt worden sind, wobei die Dateien der historischen Nummerierung der Häuser folgen. Zur schnelleren Abarbeitung und Übersicht wurden diese Einzelfotos in PDF-Dateien zusammengefasst, ehe die spannende, wenngleich mühselige Einzelbearbeitung und -erfassung erfolgt. Ohne Übertreibung kann vorab schon resümiert werden, dass der Fund dieser einmaligen Dokumente eine stadtgeschichtliche Quelle ersten Ranges darstellt, die bauhistorisch und personenbezogen viele neue Einzelheiten offenbaren wird, quasi ein Einwohner-Melderegister aus alter Zeit! Ganz besonderen Dank gebührt Vorstandsmitglied Wolfgang Hecker aus Artern für die Bereitstellung diverser Technik zur Erleichterung der Durchführung obiger Aktion zwecks digitaler Sicherung alter Unterlagen.


Thüringer Fähnlein

Freitag, 18. August 2017

Eine wahre Fundgrube für vorgeschichtlich und historisch Interessierte bietet die Bibliothek der Bau- und Kunstdenkmalpflege, Erfurt und die Bibliothek der Archäologischen Denkmalpflege, Weimar im Internet an, und zwar entsprechend thematisch getrennt in Form von diversen Online-Publikationen. Darunter befinden sich zahlreiche Veröffentlichungen, die einerseits heute nur noch schwer erhältlich sind oder aber oftmals überteuert antiquarisch angeboten werden. So wartet die Bau- und Kunstdenkmalpflege mit den digitalen Ausgaben der „Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens“ als historische Standardwerke auf. Umfang- und abwechslungsreicher kommt die Archäologie mit Vorkriegs- und DDR-Ausgaben daher und bietet u. a. diese Periodika zum (artikelweisen) Download als PDF-Dokumente an: Der Spatenforscher, Das Thüringer Fähnlein (unser Bild), Urgeschichte und Heimatforschung, Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Thüringens, Weimarer Monographien zur Ur- und Frühgeschichte, Restauration und Museumstechnik, Alt-Thüringen usw. – Das Digitalisierungsangebot wird ständig erweitert und steht online zur Verfügung. Mit diesen tausende Seiten umfassenden Schriften und Büchern können besonders auch Heimatforscher und Bodendenkmalpfleger ihre Kenntnisse zur Regional- und Landesgeschichte erweitern. Besonders erfreulich: über eine Suchfunktion können mühelos innerhalb mehrerer Buchausgaben Begriffe eruiert werden. Als besonderer „Leckerbissen“ regionaler Art sei auf „Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen) : eine thüringische Nekropole aus dem Unstruttale von der Steinzeit bis zur Einführung des Christentums benutzt / von Armin Möller. - Jena : Fischer, 1912“ aufmerksam gemacht. Über nachstehenden Link sind sämtliche Daten erreichbar: https://lhwei.gbv.de/DB=5.4/TLDA_DIGIMEDIEN.


Mansfeld Schloss

Dienstag, 15. August 2017

Das jährliche Freundschaftstreffen zwischen dem Einbecker Geschichtsverein und dem Heimatverein ARATORA findet diesmal am Sonnabend, 2. September 2017 statt und führt nach Mansfeld. Die Tagestour beginnt um 10 Uhr in der dortigen spätgotischen Stadtkirche St. Georg mit prächtigen Gräbern der Mansfelder Grafen, drei künstlerisch hochwertigen Altären sowie einen Ganzkörperporträt Martin Luthers. Danach ist der Besuch von Luthers Elternhaus geplant, wo Ausstellungen den Lebensalltag der Familie des Reformators, rekonstruiert aufgrund von archäologischen Grabungen, nachvollziehen. Während Baumaßnahmen wurden dort in den Jahren 2003/2004 sowie 2008 herausragende diesbezügliche Bodenfunde aus der frühen Neuzeit gemacht. Nach dem Mittagessen geht es dann auf Schloss Mansfeld, wo der Wohnort des gleichnamigen Grafengeschlechtes bei einer Führung nahegebracht wird (unser Bild zeigt eine 1723 veröffentlichte Darstellung dieser Festung). Besonders über die Prunksärge in der Kirche sowie das Schloss (Linie Mansfeld-Vorderort) können leicht direkte historische Beziehungen auch zur Stadtgeschichte des vormals mansfeldischen Städtchens Artern gezogen werden. Bei Kaffee und Kuchen auf dem Schloss soll der Besuchstag am Nachmittag dann ausklingen. – Mitglieder und Interessierte sind herzlich eingeladen, an dieser Tour im Lutherjahr teilzunehmen. Hierzu wird um vorherige telefonische Anmeldung bis Montag, 28. August 2017 gebeten (Tel. 03466 / 320139). Mitfahrgelegenheiten ab Artern bzw. retour sind allerdings begrenzt. Interessierte Selbstfahrer sind willkommen. Die Kosten für den Ausflug werden sich in einem sehr verträglichen Rahmen halten!


Bahnhof

Freitag, 11. August 2017

Wie in unserer aktuellen Meldung vom 16. Juni 2017 bereits mitgeteilt, erhielt das Bilderarchiv des Heimatvereins ARATORA ungeahnten und hochwertigen Zuwachs infolge der schenkungsweisen Überlassung der Sammlung des ehemaligen Arterner Buchbindermeisters Wilhelm Leibnitz in der Leipziger Straße 12. Nachdem die 122 Abbildungen umfassende Kollektion, bestehend überwiegend aus Fotos zwischen etwa 1880 und 1950, digitalisiert und danach intensiver begutachtet werden konnte, reifte der Beschluss einer Veröffentlichung. Auch und besonders die außergewöhnliche Besucherresonanz und Zustimmung beim Tag der Vereine im Arterner Sole-Schwimmbad am 24. Juni 2017, als bereits viele Dutzend Interessierte am Stand des Heimatvereins ARATORA begeistert Einblick in die Sammlung genommen hatten, haben die Entscheidung für eine neue Publikation maßgeblich verstärkt. Unter dem Titel „Alte Heimat Artern“ wird nun die Sammlung von Wilhelm Leibnitz voraussichtlich Mitte/Ende November 2017 als 128seitiger Bildband veröffentlicht. Zu sehen sein werden u. a. verschiedene sehr alte Darstellungen des Bahnhofs (unser Bild) und Kleinbahnhofes, weiterhin der Markt, die Wasser- und Harzstraße, Bismarckplatz, Unstrut, Saline usw. Als Format des Buches wurde A5 quer gewählt, um den überwiegenden Profilen der Originalfotos gerecht zu werden. Es wird pro Seite nur ein Bild gezeigt, um Details der Aufnahmen besser erkennen zu können. Ergänzt werden die Abbildungen mit kurzen Unterschriften sowie einem Vorwort. Das Buch kann in drei Monaten zu einem voraussichtlich sehr akzeptablen Preis beim Heimatverein ARATORA sowie im „Guten Buch“ in Artern erworben werden. Das Buch wird derzeit gesetzt und wird Ende August auf Korrekturen gelesen. Näheres zu gegebener Zeit! – Aufgrund dieser Veröffentlichung verschiebt sich die zunächst für das Jahresende 2017 angestrebte, 280seitige Veröffentlichung „Damals in Artern 1925-1975 – Streifzüge durch fünf Jahrzehnte Stadtgeschichte“ nun leider auf Mitte 2018. Denn anders als zunächst eingeschätzt sind Arbeit, Zeitaufwand und Recherchen für dieses Buch doch bedeutend intensiver. Zudem fehlen noch immer zwar zugesagte, jedoch immer noch nicht überlassene Abbildungen, die jedoch möglichst Aufnahme in „Damals in Artern“ finden sollen. – Unberührt davon bleibt jedoch der Erscheinungstermin des (N)Ostalgie-Kalenders 2018 „Artern in den 60er bis 80er Jahren auf 24 Kalenderbildern“ am 7. Oktober 2017 zum Zwiebelmarkt bestehen! – Noch eine erfreuliche Information zu unserer letzten Buchveröffentlichung. Zum wahren Glücksfall entwickelte sich nämlich die vergangenen Wochen hinweg die großflächige Ausweitung des Bewerbungsgebietes der Ende Mai 2017 erschienenen Nachauflage unserer Veröffentlichung „Die Unstrut - Geschichte(n) vom Fluss zwischen der Sachsenburger Pforte und dem Wendelstein“ das Unstrut-Tal abwärts nach Naumburg. Das Interesse an diesem Sachbuch ist auch dort hoch, das Echo darauf durchweg positiv!


Rund um die Hüttenmühle

Dienstag, 8. August 2017

Die Heimatstadt zu Fuß erkunden, mit einem historischen Wanderführer in der Hand. Dieses Konzept verfolgen derzeit unsere langjährigen Geschichtsfreunde aus Sangerhausen. Nachdem bereits im Vorjahr die erste Broschüre dieser Art mit dem Titel „Wanderung durch das Brühltal zum Schacht“ publiziert worden ist, liegt nunmehr die Folgeausgabe vor, die per pedes „Rund um die Hüttenmühle“ führt. Wanderlustige haben nun die Möglichkeit, mit dem Heftchen in der Hand auf Entdeckungsreise zu gehen oder einfach nur in der 34seitigen und mit 54 historischen und aktuellen Abbildungen illustrierten Broschüre zu lesen. Als Wanderstationen sind u. a. zu nennen: Friesenstadion, Gartenanlage am Bahnteich, ehemaliges RAD-Lager, Brückenanlagen für die Gonna und den Pfingstgraben, Mundloch des Segen-Gottes-Stollen, Hüttenmühle, Stift St. Julian, Mühlgasse, Maschinenfabrik Askania. – Vereinsvorsitzender Helmut Loth resümiert über die noch junge Reihe mit Wanderführern: „Unsere unmittelbare Heimat ist dank Ihrer Schönheit und Vielfalt zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Ausflugsziel. Wir wollen mit unseren Wanderheften einen Anstoß geben, hinaus zu gehen, um Natur und Geschichte der Heimat gratis zu erleben. Wanderfreudige und Geschichtsinteressierte sind eingeladen, mit uns um und in Sangerhausen zu wandern. Mit den Wanderheften starten wir den Versuch, etwas über die Geschichte von Gebäuden und Landschaften entlang des jeweiligen Wanderweges zu erzählen.“. – Die Broschüren sind in der Sangerhäuser Buchhandlung „Das Gute Buch“ in der Göpenstraße zum Stückpreis von 3,00 Euro erhältlich oder können mittels Email zzgl. Porto beim Geschichtsverein bestellt werden: geschichtsverein[at]web.de. Beide Hefte können gut als Vorlage dienen, auch in anderen Städten und Gemeinden unserer Heimat derartige kulturhistorische Wanderrouten zu initiieren bzw. zu popularisieren, z. B. in Artern, wo der Borlach-Wanderweg zu Erkundungen der Stadtgeschichte einlädt.


Autoren

Dienstag. 1. August 2017

Am vergangenen Freitag erschien mit „Monsieur Göthé – Goethes unbekannter Großvater“ die erste umfängliche Lebensbeschreibung des Dichter-Ahnen aus Artern als 391. Band der renommierten Buchreihe „Die andere Bibliothek“ in Berlin. Im Mittelpunkt des 480 Seiten umfassenden Werks steht Friedrich Georg Göthe (1657-1730), Sohn des Hufschmieds und Ratsherrn Hans Christian Göthe in der Arterner Harzstraße, der als Schneider seine Heimatstadt an der Unstrut verließ und ab 1705 Gasthalter des renommierten Weidenhofes in Frankfurt am Main wurde. Sein Enkel war hernach der Dichterfürst (1749-1832). – Zu genealogischen und historischen Recherchen weilten die drei Autoren Prof. Heiner Boehncke (rechts), Autor und Literaturwissenschaftler, Hans Sarkowicz (Mitte), Leiter des Bereichs Kultur und Wissenschaft beim Hessischen Rundfunk, und Dr. Joachim Seng (links), Leiter der Bibliothek „Freies Deutsches Hochstift“ (Goethe-Museum) in Frankfurt/M. bereits im Frühjahr 2016 auch in Artern. Gemeinsam mit Charlotte Loeschmann vom Stadtarchiv sowie Andreas Schmölling vom Heimatverein Aratora wurden sämtliche vorhandenen Primär- und Sekundärunterlagen über die Familie Göthe in Artern bzw. relevante Akten aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts für Recherchen zugänglich gemacht, respektive im Nachgang zugesandt. Darüber hinaus weilten die Verfassern auch an anderen Orten unserer Heimat mit Goethe-Bezug, so in Kannawurf, dem Ort der Taufe von Friedrich Georg Göthe. – Der Verlag teilt über die Neuerscheinung mit: „Am 6. September 1657 wurde im thüringischen Dorf Kannawurf Friedrich Georg Göthe getauft. Der Sohn eines Hufschmieds blieb nicht in Thüringen und wurde, anders als vier seiner Brüder, auch nicht Schmied. Friedrich Georg lernte das Schneiderhandwerk und suchte sein Glück als wandernder Geselle in der Seidenstadt Lyon, wo er die neueste Mode und die besten Stoffe fand. Damit die Franzosen sein »E« nicht verschluckten, setzte er einen Akzent darauf und nannte sich fortan Göthé. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. musste der Protestant Frankreich verlassen und kam über Paris nach Frankfurt am Main, wo er die Tochter eines Schneidermeisters heiratete und zu einem der wohlhabendsten Bürger Frankfurts wurde. Das vererbte Vermögen reichte auch für den Enkel Johann Wolfgang, der davon ein gutes Leben als Student führen konnte. Von ihm, dem Seidenschneider und Aufsteiger Göthé wollte er aber nicht abstammen. Allen Enkelstolz übertrug er auf die Textor-, die mütterliche Linie. Die maßgeblichen Biographen machten die Verdunkelung der väterlichen Seite mit. In nachgetragener Gerechtigkeit beleuchtet das Autorentrio Boehncke, Sarkowicz und Seng einen großen Unbekannten seines Stammbaums und fördert schöne Geschichten aus dem Leben des umtriebigen Schneidermeisters Göthé ans Licht, dessen Gerissenheit seinem Enkel den Weg zum Klassiker ebnete." – Die Göthé-Biografie erscheint in Originalausgabe, nummeriert und limitiert, illustriert mit zahlreichen Abbildungen, schneiderfaden-gestanzter Buchschlaufe und rot schillerndem Bezug. Das Werk kann mittels ISBN 9783847703914 im Buchhandel bestellt werden, es kostet 42,00 Euro.


Zitat Goethe

Dienstag, 25. Juli 2017

In Zeiten von WhatsApp, Twitter und Facebook und mit diesen Medien weltweit verbreiteten Mitteilungen, nicht selten trivial bzw. niveaulos, hat das altgediente Poesiealbum offenbar keine Chance mehr. Umso schöner, wenn sich diese alten Dokumente erhalten haben. Kürzlich erhielt der Heimatverein ARATORA ein solches Sammelbuch aus den Jahren 1927 bis 1931, einst Irmgard Horch aus Artern gehörend. Deren Vater Ernst Horch war Kaufmann und mit seinem Geschäft für Manufakturen und Schuhmode am Bismarckplatz 8 ansässig. Neununddreißig Personen aus Artern haben sich im Poesiealbum, dass aus Lengede/Broistedt bei Salzgitter in Niedersachsen zur Verfügung gestellt worden ist, mit Zitaten und Lebensweisheiten verewigt. Bei den Eintragenden handelt es sich neben der Familie, Lehrerschaft und Geistlichkeit überwiegend um Schulkameraden von Irmgard Horch, Geburtsjahr um 1915. Es haben sich vor rund neunzig Jahren folgende Personen aus Artern in das Poesiealbum von Irmgard Horch eingetragen: Tante Else Horch, Onkel Fritz Horch, Ernst Henze, Superintendent Wilhelm Kessler, Rektor Hermann Ritter, Pastor Paul Bauermeister, Lehrer W. (unleserlich), Lehrer Moritz Eberhardt, Lehrerin Marta Warich, Lehrer Walter Prüfert, Lehrer Hugo Kahl, Lehrer Max Sziede, Lehrer Erich Briest, Lehrer Erich Metzner, Lehrerin Lotte Mahlo, Elfriede Campesato, Eva Pomtow, Margarete Rosenau, Marianne Eckart, Edith Pochert, Rosa Reinhardt, Ursula Stoffer, Gertrud Abicht, Lotte Reinhardt, Charlotte Hesse, Käthe Mayer, Elfriede Götte, Richard Unkrodt, Heinz Sander, Herbert Schütze, Hildegard Oppermann, Hanna Müller, Irmgard Trinks, Gertrud Wölfer, Gertrud Kuhwald, Marianne Muth, Gerdi Moog, Charlotte Sander und Gerda Reinhardt. – Falls Familienforscher oder Interessierte hier ihre Ahnen und/oder Verwandten finden sollten, wird gern auf Anfrage die entsprechende Seite mit relevanter Schriftprobe aus dem Album per Email zugesandt. – Unser Bild zeigt eine Seite des Poesiealbums mit Zitat aus Goethes „Zahme Xenien“: „Wer mit dem Leben spielt, kommt nie zurecht; wer sich nicht selbst befiehlt, bleibt immer Knecht“, zur zeitlosen Beherzigung damals niedergeschrieben von Lehrerin Lotte Mahlo.


Artern 1843

Dienstag, 18. Juli 2017

Vier Gemälde mit stadt- und regionalgeschichtlicher Relevanz wurden kürzlich dem Heimatverein ARATAORA leihweise zwecks Digitalisierung überlassen. Deren ältestes ist jenes von 1819, das vom Goldschmied Ernst Sann (1778-1857) gemalt worden ist und auch im Arterner Heimatbuch von Ewald Engelhardt (1913) auf Seite 231 publiziert wurde. Das uns vorliegende farbige Bild zeigt das Wasserschloss, den Saline-Kunstturm und die Mühle an der Unstrut. Offenbar handelt es sich hierbei um einen ersten Entwurf oder aber um eine später nach der Vorlage des Originals von Sann hergestellte Kopie. Sichtbar unter den Aquarellfarben sind die mittels Bleistift gemachten Vorzeichnungen der Motive. – Das zweite Bild (hier wiedergegeben) ist ein größerer Ausschnitt aus einer Gesamtdarstellung der Stadt Artern, sehr ähnlich jenem Gemälde von Moritz Hoffmann aus dem Jahr 1843 (vgl. Arterner Heimatbuch, S. 245). Der hier leider ungenannte Künstler hat im Vordergrund Bauern bei der Vesper dargestellt, dahinter mit viel Akribie das Weichbild der Stadt Artern mit Saline, Gradierwerken, Schachttürmen, Siedehäusern, Veitskirche und Altstadt. Jedoch die Marienkirche und die Neustadt fehlen; im Gegensatz zur von Ewald Engelhardt 1913 veröffentlichten Bildfassung. Besonders die Wiedergabe der städtischen Bebauung ist äußerst detailreich, wie im hochauflösende Scann erkennbar wird. Zur Konservierung ist auf das sehr farbenprächtige Gemälde vom Maler offenbar ein lackähnlicher Überzug aufgetragen worden. – Als Kunstwerk sowie vom Motiv her bislang völlig unbekannt ist ein Aquarell von Ewald Engelhardt (1879-1976) aus dem Jahr 1934, den Blick aus seiner Wohnung in der Puschkinstraße nach Westen hin zeigend: vorn der Hausgarten, dahinter die Schweinegasse sowie dort befindliche Fachwerk-Scheunen, zudem die Dachlandschaft der Harzstraße. Im Hintergrund erhebt sich majestätisch das Kyffhäuser-Gebirge im Abendrot. Entsprechend der dargestellten, fortgeschrittenen Tageszeit ist die Kolorierungen vom Künstler dezent und eher düster vorgenommen worden. – Als viertes Gemälde, offensichtlich auch ein Aquarell von Ewald Engelhardt, wird der Turm der Oberburg auf dem Kyffhäuser gezeigt, im Hintergrund die Rothenburg. Diese Darstellung ist jedoch mehr schemenhaft, zumal die bewaldeten Hänge nur mit breiten Pinselstrichen angedeutet sind. – Aufgrund dessen es sich bei beschriebenen Bildern um bislang unbekannte Unikate handelt, wurden diese auch noch nie veröffentlicht. Zumindest der Blick aus Engelhardts Wohnung auf die Schweinegasse und Harzstraße könnte in absehbarer Zeit in dem noch in Arbeit befindlichen Bildband „Artern 1925-1975“ Einzug halten, die anderen sicherlich zu gegebener Zeit zur Illustration von thematisch relevanten Texten. – Zudem konnte kürzlich im Rahmen von Unterstützungsarbeiten für eine Neuerscheinung zum historischen Arbeitsleben in und um Heldrungen erfolgreich Kontakt zu einem Bildgeber aufgenommen werden. In der Folge dessen sind dutzende historische Fotos gescannt worden, von denen etliche zur Illustration dieses für den Herbst 2017 geplanten volkskundlichen Buches dienen dürften. Mitgeliefert wurden zudem zahlreiche Farbdias mit für diese Veröffentlichung relevanten Motiven. Zur großen Freude fanden sich unter dem bereitgestellten Bildmaterial auch einige schöne alte Ansichten, die gut zur Bebilderung des zweiten Bandes unseres Unstrut-Buches taugen.


Funde Johannisstraße

Dienstag, 11. Juli 2017

Am 21. Juni 2017 begannen im oberen Teil der Wasserstraße und danach abbiegend in die Johannisstraße Tiefbauarbeiten, bei denen Rohrleitungen verlegt werden. Die aufbaggerten, nicht allzu breiten Gräben waren weit über zwei Meter tief, was durchaus auf den einen oder anderen archäologischen Funde oder Befund hoffen ließ. Doch bislang wurden diese Hoffnungen, trotz täglicher Kontrollgänge mit Fotodokumentationen, leider arg enttäuscht. So gut wie keine Scherben oder Knochen konnten im Aushub entdeckt werden, und dass, trotzdem wenigstens mittelalterliche und/oder frühneuzeitliche Keramiken in mäßigem Umfang aus dem Altsiedelgebiet der Neustadt zu erwarten gewesen wären. Die bislang lediglich vier gemachten Funde bestehen aus zwei Gefäßhenkeln (der größere mit Innenglasur, der kleinere mit Innen- und Außenglasur), vermutlich einem Gefäßrandstück (unser Bild) sowie einer noch undatierten (nicht industriell hergestellten) Dachziegel vom Typ Biberschwanz. – Das beim Straßenaufriss ausgebaggerte fundleere Lockermaterial kann als sekundär verbaute Füllmasse aus vorangegangenen Straßenbauarbeiten angesprochen werden, hinzu kommt Baukies, darunter befand sich anstehender Ton. Auch die durch die Baggerschaufel entstandenen Profile brachten keinerlei archäologisch relevanten Erkenntnisse. Auch vom „unterirdischen Gang“, der vom Wohnhaus Wasserstraße 2 in Richtung des Rathauses verlaufen soll, war keine Spur zu entdecken, trotzdem ein Foto mit Bauarbeiten von Ende der 1950er Jahre eben jenen gemauerten Tunnel zeigt, der gerade durch Heimatforscher Ewald Engelhardt (1878-1976) inspiziert wird. Ebenso fehlen eindeutige Brandschichten im Erdreich, die auf die großen Stadtfeuer, vor allem im 17. Jahrhundert, hindeuten könnten. Es wird sich zeigen, ob im Verlauf der weiteren Straßenarbeiten doch noch vermehrt Funde zutage treten. Merkwürdig und enttäuschend ist die jetzige Situation aber schon, denn während der umfassenden Sanierung der Straßen der Altstadt in den 1990er Jahren waren zahlreiche glasierte und unglasierte Scherben sowie Knochen an Tageslicht gelangt. – Die bisherigen Pflasterungen mit den in Jahrzehnten völlig abgefahrenen Schlackesteinen in den jetzt schon aufgerissenen bzw. noch unter die Baggerschaufel kommenden Straßenabschnitten wurden zuvor umfänglich fotografisch dokumentiert, ebenso der potentielle Abriss-Giebel der Ruine Harzstraße 22 und das gleichfalls zur Einebnung bestimmte Wohnhaus Fräuleinstraße 20 im ehemaligen Schulkomplex.


CG2017-02

Dienstag, 4. Juli 2017

Die jüngste Ausgabe 2/2017 der Zeitschrift „Computer-Genealogie“ (unser Bild) nimmt sich mit dem Thema „Wo unsere Ahnen wohnten“ wichtigen geographischen Komponenten innerhalb der Familienforschung an, denn das Problem der exakten Identifikation von Ortschaften ist in der Praxis oftmals vordergründiger als angenommen (vgl. aus unserer Region z. B. Reinsdorf, Ringleben oder Esperstedt sowie nicht mehr existente Orte, weil längst eingemeindet und/oder umbenannt). Mit folgenden Artikeln wird sich dieser Thematik genähert: „Kleinwalbur, wo ist das nur?“, „Landkarten – Quellen für den Familienforscher“, „GOV – Das Geschichtliche Ortsverzeichnis“, „Von Abtsdorf bis Zwuschwitz – Orte in sächsischen Gerichtsbüchern sichtbar gemacht“ sowie „Die Topothek – Für jeden Ort ein Online-Archiv“ (betrifft nur Österreich). Ganz anderes und für (bezahlende) Forscher ärgerliches Thema anschließend: falsche Transkriptionen und Deutungen bei Ancestry, danach „DNA-Genealogie – Familiengeschichtsforschung plus Naturwissenschaft“, die sich mit der genetischen Herkunftsanalyse beschäftigt. Anschließend folgt ein Interview über die Kooperation des Vereins für Computer-Genealogie und dem Deutschen DNA-Forschungsprojekt „Living DNA“. Kurzmeldungen sowie Aktuelles über Genealogie-Software komplettieren die neue Ausgabe, die mit einem weiteren Thema zum Schwerpunkt dieses Heftes beschlossen wird: „Geschichtliche Ortsnamen in Genealogie-Programmen und ihre Verknüpfung zum GOV [Geschichtliches Ortsverzeichnis]“. – Erneut hat es die Redaktion der Zeitschrift „Computer-Genealogie“ geschafft, wichtige thematische Hilfestellung und Handreichungen für Familienforscher zu geben. Mehr dazu wie immer auf http://compgen.de/. Die nächste Ausgabe ist für den 15. September 2017 angekündigt, dann ist „Familienforschung mit Kindern und Jugendlichen“ das avisierte Schwerpunktthema. – Nachsatz: Der Heimatverein ARATORA bietet gern Hilfe bei der Identifizierung von historischen Ortschaften dahingehend an, auf Anfrage entsprechende Eintragungen aus dem mehr als eintausend Seiten umfassenden „Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs – Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde“ aus dem Jahr 1894 kostenlos mitzuteilen.


Jurassic Harz

Dienstag, 27. Juni 2017

Geologie und Paläontologie stehen in der hiesigen Heimatforschung zwar nicht unbedingt auf den vordersten Rängen, trotzdem ist die Beschäftigung mit diesen Themenblöcken stets erbaulich und informationsreich, zumal z. B. mit Fossilien aus dem Karbon, Muschelkalk und Zechstein (Kieselhölzer, Ammoniten, Seelilien und „Kupferheringe“) interessante Zeugnisse der vorzeitlichen Lebenswelt auch in unserer Gegend gefunden werden können. Die etwas überregionale Ausweitung dieses Arbeitsbereiches nach Norden hin gewährt schließlich sogar Einlass ins Reich der Dinosaurier. Darüber berichten eine aktuelle Ausstellung im Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig sowie die zugehörige Publikation „Jurassic Harz“ von Benjamin Englich et al. – Am 1. April 2017 öffnet die gleichnamige Sonderausstellung, in deren Fokus Geschichte und Lebensweise eines Zwerg-Dinos aus dem Harz stehen: Europasaurus holgeri, ein Sauropode (Langhals) im Miniformat (aber immerhin noch mit neun Meter Länge) aus dem Oberen Jura, dessen Überreste in den 1990er am Nordharz entdeckt worden sind. Zur Jurazeit war der Harz eine Insel im Binnenmeer, wo sich wegen des begrenzten Lebensraums die Dinos zu kleineren Exemplaren entwickelten. Mit einem Plateosaurus aus Halberstadt wird zudem ein triassischer, somit älterer Prosauropode als Komplett-Montage präsentiert. Als optische „Reißer“ werden in Braunschweig einige große Fauna-Vertreter aus der mit Europasaurus gleichaltrigen Morrison-Formation der USA gezeigt: das 27 Meter lange Originalskelett des Diplodocus „Arapahoe“ aus Wyoming, der Raubsaurier Allosaurus „Big Al II“ sowie der Stegosaurus „Sarah“. – Die zugehörige und reich bebilderte Publikation (ISBN: 3899372204) umfasst 108 Seiten. Das sehr empfehlenswerte Buch komplettiert die spektakuläre Ausstellung Harzer und zeitgleich lebender US-Dinos in eindrucksvoller Weise und bringt Forschungswege bzw. -möglichkeiten der modernen Paläontologie nahe, und das quasi vor der Haustür! Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass die Saurier-Forschung immer wieder Überraschungen parat hat und besonders auch im Harzer „Jurassic Park“ immer wieder neue spektakuläre Bewohner entdeckt werden. – Die Sonderausstellung „Jurassic Harz. Dinosaurier von Oker bis Wyoming“ wird nur noch bis 23. Juli in der Ausstellungshalle in der Hamburger Straße 267 in Braunschweig gezeigt. Ab August wird dann mit „Eiszeit-Safari“ eine neue Sonderausstellung in der Welfenstadt präsentiert, deren Titel bereits Beziehungen auch nach jenseits (südlich) des Harzes erahnen lässt. Schließlich ist unsere Heimat erwiesenermaßen „Mammut-Land“ gewesen! – In obigen Zusammenhängen sei auf die regional-geologischen Abteilungen der Museen in Sangerhausen, Bad Frankenhausen und Sondershausens hingewiesen, besonders aber auf die mittlerweile erweiterten Ausstellungsräume zur heimischen Erdkunde und Paläontologie des Fossilien-, Mineralien- und Bergbauvereins Steinthaleben e. V., ebendort in der Alten Schule, Kelbraer Straße.


Gartenzeit

Freitag, 20. Juni 2017

Die jüngste Schrift der Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen nimmt sich auf 115 Seiten im handlichen A5-Format einem jahreszeitlich sehr aktuellen Thema an: „Gartenzeit – Was man sich vom (eigenen) Garten erzählt“ (unser Bild). Die Berichte dort datieren in jene nicht allzu ferne Zeit, als noch keine teils irrwitzigen und kleinkarierten Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes Gültigkeit hatten und Gartenvorständen und/oder Mitgliedern graue Haare sprießen ließen! In siebzehn Artikeln berichten Autoren hier über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, Ereignisse und Geschichten im und um den privaten Gartenbau in Thüringen. Sicherlich muss diese Art von Erlebnisniederschriften als eher leichte Lektüre bezeichnet werden, dennoch ist es wichtig, auch solche scheinbar banalen Geschehnisse aufzuzeichnen, um später einmal authentische Situationsbilder, hier überwiegend aus DDR-Zeiten, aus erster Hand nachlesen zu können. Über siebzig Fotos illustrieren die Neuerscheinung überwiegend in Farbe, aber auch historische Bilder wurden publiziert. Detailliert berichten die Verfasser, dass der Garten in der DDR vielmehr war als nur ein Ruhepol für gestresste Arbeiter und Angestellte in den Volkseigenen Betrieben und LPGs. Da wird vom Leben als Kleingärtner im Allgemeinen und Besonderen erzählt, vom Urbarmachen potentiellen Gartenlandes, vom Ungemach während der Errichtung einer Laube, von den gärtnerisch-individuellen Inspirationen bei der Gestaltung, auch über den Garten als Treffpunkt, sozialen Ort und Oase für Kinder usw. – Wer also wieder einmal richtig entspannt lesen möchte über die kleinen und großen Probleme, aber auch Annehmlichkeiten des privaten Gartenwesens im sozialistisch geprägten Umfeld, der möge 5,00 Euro für „Gartenzeit – Was man sich vom (eigenen) Garten erzählt“ ausgeben (ISSN 1619-5698). – Mit dem aktuellen kleinen Buch wird für den Leser erneut Volkskunde lebendig, greifbar und nachvollziehbar, auch wenn keine Gartengeschichte aus unserer unmittelbaren Umgebung veröffentlicht worden ist. Das sollte altgediente heimische Kleingärtner umso mehr anspornen, auch ihre Geschichte(n) aufs Papier zu bringen und damit der Nachwelt zu erhalten. Denn: wie stets in der Zeitgeschichts- und Volkskundeforschung gilt auch hier, wenn der letzte Zeitzeuge erst weg ist, dann ist es zu spät mit Informationen aus erster Hand, und zwar für immer! Daher ganz besonderen Dank für dieses nette Büchlein an die Autoren sowie vor allem an Dr. Gudrun Braune und Dr. Peter Fauser von der Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle in Erfurt für die Zusammenstellung und Veröffentlichung von einigen Erinnerungen und Reminiszenzen rund um thüringische Laubenpieper, Kolonisten und Schrebergärtner. – Noch ein kurzer Hinweis in eigener Sache für die bevorstehende Urlaubszeit: während der Sommerferien in Thüringen, also ab nächster Woche und bis einschließlich der zweiten August-Woche 2017, werden die aktuellen Meldungen auf einen Bericht pro Woche reduziert. Danach erfolgt, wie gehabt, die Veröffentlichung heimatkundlicher Informationen aus Artern, der Umgebung und der Region wieder jeweils am Dienstag und Freitag!


Numburg-Heft

Dienstag, 20. Juni 2017

Eine neue heimatkundliche Broschüre im Format A5 aus der Feder von Dr. Wilfried Neumerkel nimmt sich auf 36 Seiten und illustriert mit knapp sechzig Fotos bzw. Repros unter dem Titel „Die Numburg bei Kelbra“ der 900jährigen Geschichte (1116-2016), der Gegend und Natur um die gleichnamige Burganlage, der kleinen Befestigung selbst, der Domäne sowie der dortigen Naturschutzstation am Nordwesthang des Kyffhäusers an (unser Bild). Ausgehend von der Beschreibung der natürlichen Gegebenheiten, von Geologie, Flora und Fauna sowie der nicht zugänglichen Numburg-Höhle zeigt der Verfasser aus Bendeleben zunächst archäologische Funde aus dem Umfeld auf. Es folgen einige genealogische und urkundliche Nachweise der Burgherren bzw. der Burg, zudem Gedanken über die ehemalige Wallfahrtskirche St. Peter und Paul ebendort sowie ein lokalhistorischer Überblick bis zur Reformation. Nach der Vorstellung von sagenhaften Überlieferungen und Berichten über die Numburg wird die Zeit der Zisterzienser und deren Wirken in der Goldenen Aue beleuchtet. Etwas mehr Platz wird dann der alten Saline Numburg bzw. der dort vorkommenden Salzflora eingeräumt, ehe recht ausführlich aus der Vergangenheit der Domäne bzw. des Vorwerks Numburg erzählt wird. Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Errichtung des Helme-Stausees Kelbra 1968 in den Fokus gerückt, weiterhin die 1967 angelegte Naturschutzstation. Trotz nicht gerade üppiger historischer Aktenlage hat Dr. Wilfried Neumerkel eine lesenswerte und informative Schrift herausgebracht, versehen mit schönen aktuellen und historischen Abbildungen sowie einigen Reproduktionen alter Karten. – Nun ist jedoch die eher rare Situation eingetreten, dass eine weitere, fast zeitgleiche und thematisch ähnliche Druckschrift, herausgegeben vom Förderverein Numburg, veröffentlicht wurde. Der vorbehaltlose Heimat- und Naturfreund möge diese Dopplung mit wohlwollendem Opportunismus hinnehmen und sich um der Sache willen freuen, dass sich beide Publikationen inhaltlich gut ergänzen! Diese gleichfalls attraktive, fast durchweg farbig illustrierte A4-Broschüre mit dem Titel „50 Jahre Naturschutzstation Numburg“ umfasst 60 Seiten mit rund 100 Abbildungen, zwölf Autoren haben dafür Texte geliefert. Schwerpunkte sind Fauna, Flora und Erdgeschichte der Region um die Numburg. Beleuchtet werden 50 Jahre Naturschutzstation, die Naturschutzgebiete Schlossberg, Solwiesen, Badraer Lehde und Großer Eller, weiterhin die Pflanzenwelt um die Numburg, Fledermaus-Populationen in der Umgebung, die Schmetterlingsfauna der Numburg, das internationale Vogelschutzgebiet am Stausee Kelbra, Informationen zur Vogelberingung ebendort, Kraniche am Helme-Stausee, Kranichrastplätze sowie geführte Kranichwanderungen durch das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, historische Eckdaten über die Numburgen und die gleichnamige Grangie, die Geschichte des Stausees bei Kelbra, die Entdeckung und Erforschung der Numburg-Höhle sowie Erkenntnisse aus geologischen Bohrungen im Umfeld. – Beide Neuveröffentlichungen bereichern die historische und naturkundliche Literatur der Kyffhäuser-Region und machen Lust, z. B. aus Schusters Rappen, die Region oberhalb des Stausees Kelbra mit ihrer Lebewelt und Geschichte selbst zu erkunden.